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imposanten, massiven Formen des Unterbaues, und die Zerrissenheit des Oberbaues in Pyramiden und Obelisken geben diesem ungefähr 2500 Fuß hohen Gebirgsstock einen festungsartigen Charakter, und machen ihn zu einer vortrefflichen Grenzmarke. Südlich vom Thal bestehen die Berge auch aus Granit. Aber sie steigen mit sanften, vielfach unterbrochenen Gehängen an, die in ein üppiges Grün gekleidet sind. Sie bilden einen langen Rücken von ungefähr 1700 Fuß Meereshöhe. Der schmale Thalboden ist mit Feldern bedeckt, und mehrere Dörfer sind darauf zerstreut; eine Fahrstraße für zweirädrige Karren windet sich hindurch. So geht es fort bis zu dem Wachthaus in einer Linie, die an demselben vorüber quer durch das Thal zieht. Oestlich davon erweitert sich das Thal mit gleichbleibendem Charakter seiner beiden Seiten. Aber der Boden des Thales ist nicht mehr angebaut, und es ist kein Haus zu sehen; nur eine weite Grasfläche mit einem Saumpfad, der sich hindurchwindet. Ein kleiner Graben, der sich vom Wachthaus quer durch das Thal an beiden Abhängen hinaufzieht, trennt beide Gebiete: Anbau und Bevölkerung im Westen, Wildniß im Osten.

Dieser Zustand ist eine Folge der eigenthümlichen, für die Ethnographie wichtigen und interessanten Grenzregulirung zwischen China und Korea. Es giebt darüber genauere Quellen, die mir aber nicht zur Hand sind. Ich will daher nur das Allgemeine ohne Jahreszahlen anführen. In früheren Jahrhunderten machten die Koreaner häufig räuberische Einfälle in die benachbarten mantschurisch-chinesischen Gebiete, und es gelang stets nur durch die kostspielige Zuführung großer, numerisch überlegener chinesischer Streitkräfte die Koreaner zurückzutreiben. Mehr als dies konnten die Chinesen nie erreichen, eine beständige Unterjochung von Korea gelang ihnen nicht. Ich glaube es war, als die Chinesen am Ende des 16. Jahrhunderts den Koreanern gegen einen Einfall der Japaner Hilfe leisteten, daß die beiden Nationen ein dauerndes Friedensbündniß schlossen. Es wurde darin unter Anderem stipulirt, daß beide Länder durch ein neutrales Grenzgebiet geschieden werden sollten. Dasselbe hat eine Breite von 7–12 deutschen Meilen, und umfaßt theils bergiges, theils sehr fruchtbares Land. Damals standen darauf viele Dörfer und Städte, die jedoch alle zerstört wurden. Jeder freie Verkehr zwischen beiden Nationen sollte aufhören. Nur am Kao-li-mön darf dreimal im Jahre, im dritten, fünften und neunten Monat (ungefähr: April, Juni und October) eine Messe stattfinden, zu der eine gewisse Anzahl Koreaner die Erlaubniß haben zu kommen, aber ohne Waffen und ohne Frauen. Außerdem dürfen nur Gesandtschaften und der Briefbote auf dieser Straße passiren. Nach dem letzten Tage des Meßmonats wird jeder Koreaner

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_318.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)