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die Bevölkerung der katholischen Kirche treu geblieben sei, und daß die Priester, trotz sehr leichtfertiger Moral, die Dogmen und Aeußerlichkeiten der Kirche mit Strenge aufrecht erhielten. Daneben besteht aber im Geheimen der aus Afrika stammende Vaudou-Dienst. Gott Vaudou hat auf Erden seinen Repräsentanten in der Schlange, und demzufolge werden alle Schlangen heilig gehalten. Der Dienst des Vaudou, zu welchem aber nur Schwarze zugelassen werden, besteht in Gelagen, unzüchtigen Tänzen und Thier- oder Menschenopfern. Soulouqe duldete den Vaudou-Dienst; Präsident Jeffrard arbeitete demselben entgegen, indem er Kirche und Schule zu heben suchte; dies hatte jedoch nur geringen Erfolg. Eben damals (im Jahre 1864) wurde in der Nähe von Port-au-Prince ein junges Mädchen geopfert und verzehrt. Die Theilnehmer, acht Personen, wurden allerdings von einer Jury zum Tode verurtheilt und erschossen und ihre Häuser verbrannt, aber die durch alle Schichten der Gesellschaft verbreiteten Anhänger des Vaudou-Dienstes veranlaßten zahlreiche Brände, und das Volk spaltete sich in Parteien. Schließlich dankte Jeffrard ab (1867) und man erwählte zum Präsidenten auf vier Jahre Salnave, der aber binnen zwei Jahren über 6000 Personen erschießen ließ. Jetzt hörte alle Ordnung auf, aller Reichthum ist zerstört, Vaudou-Dienst und Barbarei haben die Oberhand. In der Annexion an Nordamerika und einer damit verbundenen Einwanderung einer schwarzen Bevölkerung aus diesem Lande sieht der Vortragende das einzige Rettungsmittel.

Herr Jagor theilte mit, daß die spanische Regierung, die bisher in den Philippinen befolgte Handelspolitik verlassen habe, der es hauptsächlich zuzuschreiben war, daß diese von der Natur so bevorzugten Inseln durchaus nicht den ihnen gebührenden Rang im Welthandel einnahmen. Am 5. April 1869 ist ein Dekret erschienen, welches die den Verkehr mit dem Auslande hemmenden Schranken beseitigt. Diese Maßregel erscheint um so wichtiger, wenn man sie mit der fast gleichzeitig erfolgten Vollendung der Pacific-Bahn in Zusammenhang bringt. Zwischen Spanien und den Philippinen findet fast kein Handel statt, auch für die atlantischen Häfen sind die meisten anderen tropischen Productionsländer besser gelegen; das eigentliche Handelsgebiet der Philippinen ist die amerikanische Westküste. Californien, vor einigen Jahrzehnten eine Einöde, hat seine natürlichen Hülfsquellen so schnell entwickelt, daß es in den ersten 6 Monaten von 1868, bei einer Volkszahl von kaum ½ Million, für 20 Mill. Dollar Korn, für 11 Mill. Doll. andere Erzeugnisse, ungerechnet die edlen Metalle, ausführen konnte. Die Eisenbahn, die es mit den atlantischen Staaten verbindet, seine Hinterländer öffnet, einen beträchtlichen Theil des Chinahandels in diese Bahn lenkt, muß Californien auch einen Strom von Einwanderern aus dem Osten zuführen; über das Stille Meer dringen die Chinesen in Schaaren ein. In noch schnellerem Maße als die Volksmenge pflegen in diesen günstigen Gebieten die Production und der Wohlstand zu wachsen. Für den regen Verkehr, der sich dort zu entfalten beginnt, ist San-Francisco der Mittelpunkt. Diese Verhältnisse müssen auch auf die Philippinen ihre Rückwirkung äußern; denn mit Ausnahme der Sandwichs-Inseln ist keine andere tropische Colonie für das westliche Amerika günstiger gelegen, in Hinsicht der Beschaffenheit der Erzeugnisse kann ihnen keine andere Colonie den Rang streitig

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_188.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)