Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 152.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

erklimmen, die ihm den weiteren Weg nach Süden versperrte, erzählten ihm kirgisische Wegweiser und die Kaufleute, deren Karawane er als angeblicher Kaufmann aus dem Fergana sich angeschlossen hatte, daß nun ein kaltes, hohes, bergiges Land vor ihnen liege, wo der Schnee auch im Sommer falle und zuweilen so heftig wehe, daß Karawanen Tage lang liegen bleiben müßten; dabei sei das Land so wald- und baumlos, daß man nur den Auswurf der Thiere als Feuerungsmittel zur Verfügung habe, und die Luft in diesen Regionen so eigenthümlich drückend und schwer, daß man sich in der Diät wohl in Acht nehmen, namentlich aber reichlich Knoblauch genießen müsse. Dieses Land nannten sie Ssyrt, d. h. Rücken, um eben seine Hochlage damit zu bezeichnen. Der junge Reisende schloß aus allem diesem, daß der „Rücken“ des Thian-Schan, den er in seiner ganzen Breite zu durchschneiden im Begriff war, wohl ein breites, ausgedehntes Hochland sein müsse, dessen Ebene sich in einer sehr beträchtlichen absoluten Höhe ausbreite, und aus dem einzelne Spitzen oder Ketten in noch höhere Regionen des Luftmeeres emporsteigen würden. Diesen Erwartungen entsprach die Wirklichkeit. Vom Südufer des „Warmen See’s“ (Issyk-Kul) bis zur Höhe des Terek-Dawan, des Passes, von welchem der südliche Abfall des Hochrückens zur Ebene von Ost-Türkistān beginnt, gebrauchte die Karawane 11 Tagemärsche und legte etwa 175 W. = 25 Ml. zurück. Diese gewaltige Ausdehnung, etwa zu vergleichen der Strecke von Berlin bis Dresden, stellte sich als eine zusammenhängende große Bodenerhebung dar, welche durch die aufgesetzten Zwischenmauern verschiedener Längen- und Querjoche in mehrere kleinere Hochplateaux getheilt ist. Die bedeutendsten Hochthäler dieser Art sind nach Länge und nach Breite das des Naryn, der nach Westen, und das des südlicher liegenden Akssai, der nach Osten (später nach Süden in die osttürkistanische Ebene) fließt. Demnach zerfällt das Himmelsgebirge in dem Querschnitt vom mittleren Issyk-Kul zum Terek-Dawan, von NO. nach SW. in 5 Abschnitte: 1) das Gebirge zwischen dem See und dem oberen Naryn; 2) das Thal des letzteren; 3) die Ketten und kleineren Hochthäler zwischen Naryn und Akssai; 4) das Thal des Akssai; 5) die südliche Umwallung des letzteren mit dem Abfall nach Kaschgar zu. Durchwandern wir diese Hochgebirgswelt an der Hand Walichanof’s und seiner Nachfolger.

1. Vom Issyk-Kul zum Naryn. Dem Flüßchen Sauku entgegen, welches sich in den Issyk-Kul stürzt, erstieg Walichanof den Nordrand des Himmelsgebirges. Auf der Höhe breitet sich ein Plateau aus, welches am 27. September 1858 von einem den ganzen Tag und auch die Nacht hindurch andauernden Schneegestöber heimgesucht

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_152.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)