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und südwärts gerichteten majestätischen Canal, dem jede Bewegung zu fehlen scheint, außer dem Treiben abgerissener Papyrus-Gruppen im Spiele der Winde, welche bald das eine bald das andere Ufer anwachsen lassen. Kurz vor dem Endpunkte der Fahrt spaltet sich dieser Theil des Stromes, und während der tiefe Canal nach Süden zu sich plötzlich um das Doppelte seiner Breite erweitert, auf der Ostseite einen Bogen beschreibt, der von unabsehbaren, anscheinend völlig homogenen Papyrusmassen geschlossen und begrenzt wird, und gegenüber zwischen der unregelmäßigen Ufervegetation einige Wasserspalten verräth, welche gen Westen weiter stromaufwärts zu führen scheinen, sendet er gen Nordwesten einen nur wenig schmäleren aber meist seichteren Arm ab, welcher diese Richtung auf einige Stunden unverändert beizubehalten scheint und noch im März an mehreren Stellen durchschritten werden kann. Letztgenannter Arm communicirt durch kleinere, während des Niederstandes in dicht begraste Sumpfstreifen umgewandelte Canäle mit den von Westen kommenden, in diesem Jahre fast gänzlich geschlossenen, aber noch vor Kurzem für Barken zugänglichen Wasserzügen, welche zu der nahen sogenannten Meschera el-Rek[1] führen. Zwischen beiden und im Osten von dem verbreiterten sackartigen Ende des eigentlichen Gazellenflusses begrenzt, liegt die kleine Strominsel, bei welcher jetzt alle Barken zu halten pflegen, wo Zelte, Hütten und Gärten hergerichtet werden für die vielen Monate, während welcher die Schiffsleute daselbst müßig liegen bleiben müssen. Diese Insel, welche auf Petherick’s Karte unter dem jetzt unbekannten Namen Kyt figurirt, besteht eigentlich aus zweien, welche ein schmaler Sumpfgraben trennt. Der nördliche Theil bildet ein Viereck von etwa 550 Schritt im Geviert, der südliche ist schmäler und länger und dehnt sich weiter nach Westen zu aus. Am Südufer des letzteren und an dem zur Meschera der Rek führenden Canale war die Meschera Ali-Amusi’s und Petherick’s befindlich. Reste von kleinen Gemüsefeldern und zahlreich bleichende menschliche Gebeine bezeichnen noch jetzt die von undurchdringlichen Papyrus-Massen überwucherte Stelle; am Ostufer der nördlichen Insel lagen in Reihe und Glied neben einander gestellt die Barken der jetzigen Expeditionen; die Ausschiffung der Leute und der nach dem Innern bestimmten Waaren geschieht dagegen auf dem Südufer des Flußendes im SW. vom Halteplatz der Barken am Festlandsufer, von welchem man trockenen Fußes ins Innere gelangt, zur Regenzeit aber


  1. So genannt, weil ehemals die von dem Rekgebiete anlangenden und von Rek-Leuten gebildeten Trägerzüge daselbst ihre Ladungen einschifften.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_099.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)