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Raum, der sich vor uns entfaltet, eine Vorstellung zu[WS 1] geben.“ – Bis zum 13. November wurde in dem am Ufer liegenden Ingelete-Dorf Coltog gerastet und dann die Schlittenreise auf dem Jukon, mit Ausnahme der Stellen, wo Flußkrümmungen auf Landwegen abgeschnitten werden konnten, bis nach Nulato, dem nördlichsten Posten der russischen Pelzhandelgesellschaft (64° 42′ 11" nördl. Br., 157° 58′ 18″ westl. L. Gr.) fortgesetzt. Auf diesem einsamen, im J. 1842 von Derabin gegründeten und von Zagoskin im folgenden Jahre ausgebauten Posten blieben Whymper und der Bostoner Naturalist Dall den Winter über, während ihre beiden Begleiter, der Kapitain Ketschum und der Officier Labarge ihre Weiterreise auf dem gefrorenen Jukon zu dem oberen Quellgebiet dieses Flusses fortsetzten. Die Beschreibung des Winteraufenthaltes im Fort Nulato dürfte für spätere Besucher dieser Gegenden freilich wenig Anziehendes bieten. So zeigte in dem von Whymper bewohnten Zimmer das Thermometer am Fußboden +° F., oben hingegen +60–65° F., und es ereignete sich, daß das Skizziren mit Wasserfarben innerhalb des Hauses aus dem Grunde aufgegeben werden mußte, weil der Pinsel, obgleich in warmes Wasser getaucht, sich während des kurzen Weges vom Topf bis zum Papier mit einer dünnen Eishaut überzog. Im Freien war am 5. December, dem kältesten Tage, das Thermometer bis –58° F. (–40° R.) herabgesunken. Der Januar war der kälteste Monat und hatte drei Tage, an denen die Temperatur unter dem Gefrierpunkt des Quecksilbers war, aber obgleich die mittlere Kälte die des December übertraf, waren einzelne Tage des letzteren doch strenger gewesen. Im December gab es 6 Tage, an denen das Thermometer unter dem Gefrierpunkt des Quecksilbers stand, und im ganzen Winter kamen elf solcher Tage vor. Nur das Fehlen von Wind und Schnee ermöglichte einen längeren, zur Erhaltung der Gesundheit nothwendigen Aufenthalt im Freien, der denn auch vielfach zu Jagdausflügen über den hier ¾ engl. Meilen breiten Fluß benutzt wurde. Am 19. Mai begann endlich der Aufbruch des Jukon, auf dem nun tagelang in ununterbrochener Reihe gewaltige Eisschollen, entwurzelte Baumstämme und Treibholz vorbeitrieben, und obgleich das Fahrwasser nach acht Tagen noch an vielen Stellen mit diesen für die Schifffahrt so gefährlichen Riffen bedeckt war, so wagten doch bereits am 29. Mai die Reisenden mit ihrer Dienerschaft, in zwei Baidarren vertheilt, die Bergfahrt auf dem Jukon, auf der sie zunächst mit dem mächtigen Stamme der Co-Jukon-Indianer in nähere Berührung kamen, welche das ganze Gebiet von der Einmündung des Co-Jukon bis Nuclukayette an der Vereinigung des Tanana mit dem Jukon bewohnen. Zwar in Bezug auf Sprache den Ingelete’s nahe verwandt, unterscheiden sich doch die Co-Jukon-Indianer in ihrer äußeren Erscheinung und ihrem Charakter so wesentlich von jenen, daß Whymper geneigt ist, sie für Autochthonen zu halten. Trotz ihrer gefürchteten Wildheit zeigten sie sich doch im Verkehr mit den Reisenden äußerst friedlich, so daß diese bereits am 23. Juni unbehelligt das Fort Jukon erreichten. Der Aufenthalt in diesem im Jahre 1847 gegründeten Fort bot dem Verfasser mannigfache Gelegenheit zum Verkehr mit den verschiedenen Indianerstämmen, da hier der Centralpunkt für den Pelzhandel der Anwohner des oberen Jukon und seiner Nebenflüsse ist, und der Maler fand daher in dem rings um das Dorf aufgeschlagenen Zeltlager der Indianer ein reichhaltiges Material für seine ethnographischen Skizzen. Am 29. Juni kehrten auch die beiden obenerwähnten


  1. Vorlage: su
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_090.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)