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auf die Füße und griffen nach den Gewehren. Ssemenof begab sich auf den vordern Felsen, und der wachestehende Kosak deutete schweigend die Felswand hinauf, von der kleine Steine und Felstrümmer herabrollten. In der klaren, mond- und sternhellen Nacht sah man einen Trupp Menschen und Thiere, etwa 1000 Fuß über dem Lager der Russen an der Felswand sich hinwinden. Es waren offenbar Kara-Kirgisen, welche den Russen aus dem Wege gehen wollten. Nach einer Stunde war die Erscheinung vorüber, die Ermüdung der Russen aber so groß, daß sie sich ohne Weiteres wieder zur Ruhe legten.

Am 8. October früh war das Zelt des Reisenden wieder bereift. Es wurde zunächst der andere „Bom[1], der erwähnte zweite Felsverschluß des zur Rast gewählten Thalkessels, leichter überschritten. Nach halbstündigem Marsche war der Terek-Ty, ein linker Zufluß des Tschu, erreicht, das Thal begann nun sich allmählich zu erweitern und wurde von den Führern Ssary-Dala (gelbes Thal) benannt. Noch bestanden die Bergwände aus Porphyr, aber bei einer Oertlichkeit, Namens Ala-Basch (buntes Haupt), traten am linken Ufer des Tschu eigenthümliche Felsbildungen hervor. Es waren Reihen verticalgestellter, unregelmäßiger Säulen, von Zeit zu Zeit durch horizontalliegende Querriegel durchschnitten, die nach dem Bericht aus ziemlich festem Thon bestanden. Am rechten Ufer zeigten sich gleichzeitig kleine konische Hügel aus weißem Thon. Nach 2½stündigem Marsche von Ala-Basch aus traf der Zug auf einen neuen linken Zufluß des Tschu, der Utsch-Kurükel genannt wurde. Das Thal wurde immer breiter und ging allmählich aus seiner meridionalen Richtung in eine west-östliche über. Gleichzeitig verloren die Berge an Höhe und nahmen den Charakter von Terrassen an, welche aus Schichten des Conglomerats bestanden, das rings die Umgebungen des Issyk-Kul bildet. Dies Conglomerat besteht aus groben Quarzkörnern, in welche unzählige, mehr oder weniger abgerundete Steinstücke von Quarz, Porphyr, Granit, Diorit u. a. eingestreut sind. Dabei ist das Conglomerat so schwach verkittet, daß es zuweilen zu Pulver zerrieben ist, jedenfalls leicht mit dem Hammer, Beil oder Brecheisen gleich dem Tuff der Grotte des Posilippo sich abbrechen läßt. In dem breiten Thale wurde auf das rechte Ufer des Tschu übergesetzt, und der Weg zog sich hier eine halbe Stunde lang durch ein dichtes Gebüsch von

Anmerkungen

  1. Bom heißen im Altai Engpässe, wie die hier beschriebenen, und Ssemenof stellt damit den Namen Buam in Zusammenhang, ebenso den Namen des Flusses Tschuja (vom System des obern Obj) mit dem des Tschu, als Beweis, wie einst wohl dieselbe Sprache und Nationalität vom Altai bis zum Thian-Schan herrschte.
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Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Vierter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1869, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_IV.djvu/138&oldid=- (Version vom 1.8.2018)