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großen Kebin, der von Ost her in den Tschu fällt, gerade gegenüber. Aber der Plan, an diesem hinauf- und so zurückzugehen, erwies sich auf den ersten Blick als unausführbar. Der große Kebin, der in einem ziemlich breiten, schönen Längenthale fließt und den Trans-Ilischen Alatau in zwei Parallelketten scheidet, verliert sich auf den letzten Wersten seines Laufes, so zu sagen, in eine Sackgasse, in eine so enge, mit so steilen, dicht zusammentretenden Porphyrwänden eingefaßte Schlucht, daß auch nicht Raum mehr zu einem Fußpfade bleibt. Der Mündung dieser Kebin-Schlucht standen unsere Reisenden in der Buam-Schlucht gegenüber, und zwischen ihnen und dem Kebin floß noch dazu mit wildem Laufe der Tschu, über den der Uebergang hier gar nicht möglich gewesen wäre. So beschloß man, bis ans Ende dieses Engpasses vorzudringen, der zuletzt in die westliche Ufergegend des Issyk-Kul führen mußte.

Der Zug setzte sich wieder in Bewegung. Die Thalschlucht des Tschu wurde immer wilder und romantischer. Auf den Porphyrmassen, die denen des Boroldai ähnelten, zeigten sich eigenthümliche bogenförmige Schalen von grobkörnigem Conglomerat. Weiterhin zeigte sich Gneiß und begleitete die Reisenden etwa 1½ Stunden weit. Darauf wurde der Gneiß wiederum von Conglomerat abgelöst, das diesmal kleinkörnig sich einige Stunden weit hinzog. Die aus Conglomerat bestehenden Felsen zeichneten sich durch phantastische Formen aus. An einer Stelle wurde der Weg von den Felsen in den Fluß selbst hineingedrängt, und es galt nun, an die Felswand sich stützend, etwa 10 Klaftern weit dem Strom entgegen zu dringen. Ein anderes Mal, als man bequem in dem Thal, das sich ansehnlich erweitert hatte, daherzog, brach plötzlich die Uferebene, wie eine Treppenstufe steil ab, und es mußte 5 Fuß tief hinabgesprungen werden. Hinter diesem Absatz war das wieder verengerte Thal mit zahllosem Gestein kleinster und größter Art, hauptsächlich aus Porphyr bestehend, und von den hohen Thalwänden, wie die eigene Erfahrung lehrte, herabgestürzt, – völlig übersäet. Bald folgte die schlimmste Stelle; die Thalwände fielen steil zum Flusse ab, und ein schmaler Fußpfad wand sich einige hundert Fuß in die Höhe, zuweilen fast über dem Abgrunde schwebend, in dessen Tiefe der schaumspritzende Fluß toste. Nach Ueberwindung dieser Porphyrklippe befand man sich in einem kleinen, engen, mit Weiden bestandenen Kessel, der jenseits durch eine ganz ähnliche Klippe, zur Rechten (also im Westen) durch eine 2–2500 Fuß hohe Felswand geschlossen war. Hier wurde das Nachtlager aufgeschlagen, indem man auf den beiden Porphyrvorsprüngen Wachen ausstellte. Um 1 Uhr gaben diese das für den Fall einer Gefahr verabredete Zeichen. Schweigend sprangen die Kosaken

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Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Vierter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1869, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_IV.djvu/137&oldid=- (Version vom 1.8.2018)