Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Zweiter Band. | |
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selbst nennen, Turgenen, ist unsicher. Nach der Ansicht gelehrter Asiaten, welcher Oberst Heinz folgt, kommt das Wort vom türkischen turmak (turgan?) und bedeutet „Zurückgebliebene“, nämlich Zurückgebliebene vom Heere des Timur, nachdem dieser seinen Feldzug gegen China beendet hatte. Timur solle am Ili und seinem Quellflusse Tekes einen Theil seiner Krieger zurückgelassen haben, um sich die Straße nach China stets offen zu erhalten. Diese Tradition scheint so wenig haltbaren Boden zu haben, wie die Etymologie, welche ihr zur Grundlage dient, oder vielmehr der letzteren zuliebe entstanden zu sein. Sicher scheint nur zu sein, daß die Dungenen – Nachkommen der alten Uiguren sind, welche in Sprache, Sitte, Kleidung völlig Chinesen geworden, einen Theil der Bevölkerung in den Nordprovinzen des eigentlichen China, Kan-Su und Schän-Si bilden, von dem Chinesen sich aber dadurch scharf unterscheiden, daß sie den Islam bekennen. Von den eben genannten Wohnsitzen aus mögen sie sich in die Gegenden des Ili und des oberen Irtysch verbreitet haben, nicht umgekehrt. Die chinesische Benennung der Dungenen ist Choi-Choi oder nach Anderen Chui-Chui, womit andererseits generell Muhamedaner überhaupt bezeichnet werden[1]. Ueber die Bevölkerungsziffer der Dungenen, wie wir fortan die uigurischen Choi-Choi nennen wollen, schwanken die Angaben, Heinz schätzt sie auf mehr als 30,000,000, was Andere für übertrieben halten. Nach Heinz sind sie sehr strenge und gottesfürchtige Muselmänner, nach Radloff[2] erscheinen sie in religiöser Beziehung vielmehr lax und äußerlich. Heinz hat vernommen, daß die jetzt in China herrschende Mandschu-Dynastie sie durch schwere Steuern drückte, am Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts einen Befehl erließ, wonach die Männer den Zopf tragen, ihre Töchter die Füße nach chinesischer Weise verunstalten sollten, ja, daß sie selbst Versuche gemacht hat, die Töchter der Dungenen zu Heirathen mit nicht muhamedanischen Chinesen zu zwingen. Alles dies soll nach und nach die Dungenen in eine Erbitterung gegen die Mandschu versetzt haben, die endlich in dem jetzigen Aufstande sich Luft macht. Es muß dahingestellt bleiben, ob diese Angaben vollständig begründet sind. Was den Steuerdruck betrifft, so ergiebt sich aus der unten angeführten Darstellung, daß wenigstens die im Ili-Thal ansäßigen Dungenen nicht darunter zu leiden
- ↑ Die Tugean, die Ritter Erdkunde, II, S. 409 nach Putimstev als Bewohner der Stadt Kuldscha am Ili anführt, mit dem Zusatze: „eine Benennung, die uns sonst unbekannt, wenn sie nicht identisch mit Tadschi ist“, sind unstreitig Dungenen, die nach Radloff in Petermann’s Mittheilungen, 1866, III, S. 97 in Kuldscha Dungan genannt werden.
- ↑ Petermann’s Mittheilungen, 1866, VII, S. 252.
Verschiedene: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Zweiter Band. Dietrich Reimer, Berlin 1867, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_II.djvu/158&oldid=- (Version vom 1.8.2018)