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auch nur deßhalb hier aufgeführt, weil gerade die Berechtigung des Normalarbeitstages damit widerlegt, weil geltend gemacht werden will, daß es ja unmöglich sei, für alle mehr oder weniger gesundheitsgefährlichen Gewerbe je nach dem Grade ihrer Schädlichkeit einen besondern Normalarbeitstag festzustellen. Allein wenn wir die Arbeitszeit für Alle beschränken, über eine gewisse Zeitdauer hinaus jede Arbeit in den Fabriken untersagen, wird nicht Derjenige immer noch am meisten dadurch gewinnen, der sich mit schädlichen Stoffen zu befassen hat?

Wenn in Zündholzfabriken, in Spiegelfabriken eine achtstündige Arbeitszeit schon ausreichen würde, die Gesundheit der Arbeiter zu untergraben, ist es nicht immer noch besser, wir lassen sie die Wohlthat einer gesetzlich festgestellten 11-stündigen Arbeitszeit mitgenießen, als wenn wir sie dem unbeschränkten Belieben des Arbeitgebers völlig preisgeben? Wir haben ein mathematisches Rechenexempel vor uns: es seien 8 Stunden schon schädlich, so vermehrt doch wohl jede Stunde Arbeit darüber hinaus die Schädlichkeit um volle 12 %. Allein auch abgesehen davon! Ist es denn so durchaus undenkbar, daß die Arbeitszeit bei den gefährlichsten Industrien allmälig, wenn einmal Erfahrungsthatsachen in überwältigender Menge gesammelt sind, noch mehr verkürzt werde? Und wäre denn das so unbillig?

Läßt sich nicht eine Zeit denken — sie mag auch noch ferne liegen! — in der die Sorge für das Gesundheitswohl des Volkes und vorzugsweise derjenigen Klassen, die am wenigsten selbst für sich sorgen können, Gemeingut aller zivilisirten Staaten geworden ist: eine Zeit, in der diese

Empfohlene Zitierweise:
Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/23&oldid=- (Version vom 1.8.2018)