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 Wenn auch vielleicht – vielleicht, gibts der HErr, auch nicht – die Landeskirchen fallen, wie sies verdienen mögen; wenn auch das Kirchengut genommen würde und bereits zum Theil genommen wurde, wie es ja auch zur Zeit der Reformation nicht völlig, nicht überall mit Recht auf unsere Seite kam: daran liegt fürs Ganze nichts. Aus solcher Asche steigt der Phönix nur schöner. Die Kirche, welche, wie man gerne sagt, die Zukunft hat, geht nicht unter mit territorialen Schranken, mit Geld und Gut. Sie wird behalten, was sie hat, – und was sie nicht hat, was sie zum Theil im falschen Wahne selbst verwarf, das wird ihr Gottes Gnade geben, wieder geben. Sie wird unter Stürmen fester, unter Windeswehen und Sonnenhitze, dem Aerntefelde gleich, reicher, schöner werden, – ihr Leib und Geist wird sich erneuen, aber unter geht sie nicht. Kleiner an Zahl, kann sie dennoch größer werden – und reicher an Segen für die Welt. Zählte denn die kleine Heerde je noch Nullen?

 Ich weiß nicht, ob mein Freund Kraußold dem, der ihm hier mannigfach widerstrebte, aber doch auch manches schweigend hinnahm[1], der auch selbst manchen Fehl bekannte und gerne auch ferner nach dem Maße seiner Einsicht noch bekennen wird, seine Hand reichen mag. Ich thäte es ihm gerne und sagte so gerne zu ihm und mit ihm:

„Wir haben Muth genug, die volle Wahrheit zu sagen, – wir haben den Muth der Buße und in diesem Muthe ein frisches Leben, das unsre Gegner nicht ertödten werden, vor dessen Schwingen sie sich lieber fürchten mögen. Es ist wahr, daß unsre Väter gestritten haben etc. Es ist wahr, viel Untreue war in unsern Grenzen. Fast waren wir unsichtbar geworden. Aber ausgestorben waren wir nicht; wo kämen wir denn her, die wider die Feinde streiten? An uns hat sichs bewiesen, was wir lehren, daß die Kirche klein werden kann, aber auch, daß sie unsterblich ist; daß sie abnehmen kann, wie der Mond, aber auch, daß sie zunehmen kann, wie der Mond!“

Dem Leser Friede!
Amen.



  1. Ich erinnere freundlich z. B. an zwei Wörtchen: „radikal“ und „revolutionär“, von denen beiden bei mir gar keine Rede sein kann. An Gottes Wort und der Kirche gutem Rechte halten ist, wie es auch scheine, welche Analogien im staatlichen Leben zu entsprechen scheinen, – weder radical noch revolutionär, sondern Gehorsam, Beugung vor Einem, der über alle.




Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/92&oldid=- (Version vom 1.8.2018)