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Formen der Kirche mehr gehindert werden, uns zu hören, während die Synode nichts hinderte, wenn sie wollte, uns Gerechtigkeit widerfahren zu laßen etc. etc. Ich gestehe, daß ich wenig zu hoffen wagte. Ich sah dabei auch immer unser Häuflein an. Zwar waren und sind der Gleichgesinnten nicht so gar wenige, als sich manche dachten. Aber im Vergleich mit unsern Gegnern waren wir eine kleine Minorität und konnten in der Wage der Oberbehörde leicht gar zu wenig wiegen, zumal wir fast alle keine äußerlich ausgezeichnete Stellung hatten, die – wie es zu gehen pflegt – unsere Schale allenfalls ein wenig mehr herabziehen konnte. Das war auf Seiten der befreundeten Gegner alles anders. Wir armen, verschrieenen, wenigen Ultras! Wer wird – so dachte ich mir – auf unser Schreien hören, wenn wir es erheben, indem wir gegen die Strömung schwimmen?

 Indes, ich meines geringen Theils war, wenn auch von Natur geneigt, gerade durch zu gehen, doch auch von Herzen geneigt, meinen Freunden gerecht zu werden und sah schon ein, daß man alles und jedes versuchen müße, um nicht aus dem bisherigen Lebensgang und Zusammenhang gerißen zu werden. War doch von meinem Standpunkt alles, was nicht Erlösung von der drückenden Lage eines Pfarrers hieß, ein Nachgeben. Der Vorschlag, die Petition, der Rath am Abend nach der Synode – alles war Nachgeben und Versuch, eine beßere Lage zu finden. Ich stimmte zu allem, weil ich dachte, man müße jedes Mittel versuchen, um vermeiden zu können, was man so gerne vermeiden wollte. Vielleicht lacht mancher Leser über diese Sätze, aber es ist denn doch in meinen Augen so. Ich gieng kurzum ganz gern auf die Stimme meiner Freunde ein und glaubte, als das Mindeste, als den Anfang der Beßerung, als ein wenig Wiederherstellung der alten bekenntnistreuen Stellung unserer Landeskirche, Verpflichtung der Geistlichen und Religionslehrer auf die Concordia und Ausschlußerklärung gegen eben hervorgetretene Feinde der Majestät JEsu und der Wahrheit seiner Lehre – erbitten und erflehen zu sollen. Damit wollte ich nur, was meine Freunde auch. Es sahen zwar allerdings auch außer mir manche unter uns dies erneute Petitioniren als einen ziemlich hoffnungslosen Aufenthalt an; aber es wurde denn doch bei der Versammlung, die entscheidend werden sollte, endlich der Beschluß gefaßt, zwar den Wanderstab in der Hand zu behalten, aber doch noch einmal zu hoffen und alles zu versuchen, was möglich und recht wäre, um den für die Landeskirche möglicher Weise nicht minder als für uns folgereichen Schritt zu vermeiden. Es war damals gerade ein für den ersten Augenblick sehr erfreulicher Umstand eingetreten, aus dem wir, voreilig, wie es bald drauf sich zeigte, schloßen, es könne die Vertretung unserer guten Sache in die Hände einflußreicherer Männer kommen. – Es sei mir erlaubt, alles Speciellere in Betreff des seitdem Geschehenen zu übergehen.

 Jetzt[1] steht die Sache so, daß der von mir im Votum ausgesprochene Austrittsgedanke von den allermeisten, die ihn früher verwarfen, auch jetzt noch verworfen und meine Darstellung der unsre Petition betreffenden Synodalbeschlüße


  1. S. das Datum des Vorworts.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/90&oldid=- (Version vom 1.8.2018)