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und das hilft viel zur Einsicht in diese Dinge) – über Beichte, Abendmahlsgenuß und Zucht gelernt, meinen Brüdern öffentlich vorzulegen, so wie mir Gott Zeit und Muße schenkt. Dann wird es klar werden, daß mein Freund Kraußold meine Absicht nicht erkannte, wie er sie denn auch nicht kennen oder erkennen konnte. Ich hoffe dann auch zu beweisen, daß die Zucht, ein hohes Gebot des HErrn, von vielen trefflichen Männern unserer Zeit viel zu gering angeschlagen und viel zu leichthin über sie weggegangen wird. – Möchten doch fromme Pfarrer die trefflichen Schriften des Sarcerius über diese und verwandte Punkte lesen!




 Hier darf ich wohl, weil einmal von der Beurtheilung meiner Beleuchtung die Sprache ist, und der Verwandtschaft wegen mit dem Vorigen, noch auf zwei einzelne Punkte zu reden kommen, ehe ich auf den Hauptpunkt, den Tadel meines Votums, eingehe und dann die Erzählung der Sache bis zum Ende führe. –

 Es ist in der Schrift von Herrn Dr. Fikenscher gegen meine Beleuchtung einer der Glanzpunkte der, wo er aus p. 22. meiner Schrift die Stelle von der Heuchelei anwendet, um mein Urtheil über die Synode nicht bloß recht herb, sondern auch recht abgeschmackt zu machen. Ich wußte mir übrigens nach der Kenntnis, die ich von der Polemik meines theuern Lehrers habe, dies Verfahren leicht zurecht zu legen. Streiche von Vaterhänden nimmt man schweigend hin, auch wenn sie ungerecht sind. Ich habe aber nicht geglaubt, daß auch Herr Pfarrer Kraußold auf diese Weise verfahren würde. Als ich Pfarrer Kraußolds Schrift las, war mir die meinige, was die Ausführung und das Einzelne betrifft, nach einem Fehler meiner Anlage in Vergeßenheit gekommen. Ich lernte sie durch Kraußold wieder kennen, und es schien mir am Ende, als müßte sie wirklich voll Thorheit und Bosheit sein. Ich las sie selbst wieder und fand meine Worte doch anders. Vielleicht gienge es andern, die in derselben Aufeinanderfolge läsen, ebenso. – Insonderheit fand ich aber die benannte Stelle von der Heuchelei gänzlich misbraucht. In meiner Schrift heißt es p. 22.[1]: „In der Sitzung vom 5. Februar geschah etwas, was im ersten Augenblicke auch solche freudig ergriff, welche die Ueberzeugung hatten, daß diese Synode, so wie sie zusammengesetzt war, ohne ein Wunder oder große Heuchelei kein Bekenntnis zum Bekenntnis in dem von uns geforderten Maße ablegen könne.“ – Nun ist es doch offenbar, weder Dr. Fikenscher noch Pfarrer Kraußold leugnen es, daß die Synode in dem von uns geforderten Maße wirklich kein Bekenntnis zum Bekenntnis abgelegt hat; also hat sie doch


  1. Die von Herrn Dr. Fikenscher gebrauchte Stelle der Beleuchtung p. 14. braucht gewiß keine Vertheidigung.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/83&oldid=- (Version vom 1.8.2018)