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allenthalben alles richtig erkannt, nicht allenthalben alles richtig referirt habe. Wenn z. B. mein Freund Kraußold p. 54, seiner Schrift mein Referat über den Synodalbeschluß in Anbetracht der Abendmahlszucht verbeßert, so muß ich mir das wohl gefallen laßen. Ich bezweifle aber stark die Richtigkeit der Anwendung, die er vom Unterschied seines und meines Referats macht. Lautet auch der Synodalbeschluß darauf hin, „daß die bestehenden älteren Bestimmungen in Erinnerung zu bringen seien“; so folgt hieraus keineswegs, daß die Synode die Sache „auf den Standpunkt der alten lutherischen Kirchenordnung zurückführt.“ Die allerdings winzige Stelle eines neueren Rescripts ist doch jeden Falls mit unter den „älteren“ Bestimmungen gemeint; die Synode datirt eben rückwärts von ihrer Zeit an. Wir sind ja auch an sie gebunden! Nun ist sie aber den älteren Bestimmungen z. B. der markgräflichen Zeit keineswegs gemäß, wie der weiß, der sich einigermaßen damit beschäftigt hat. Dortmals wars verboten, offenbaren unbußfertigen Sündern das Sacrament zu reichen; es galt damals, was wir beantragt hatten. Hätte also die Synode mit den älteren Bestimmungen z. B. die der brandenburger Kirchenordnung gemeint, dann hätte sie uns, indem sie uns abwies, sich selbst widersprechend Recht gegeben, und das kann doch nicht sein.[1] Woher denn sonst der Horror vor unserm Begehren. Auf den Standpunkt der älteren lutherischen Kirche hat die Synode die Sache gewis nicht zurückgeführt. Wenn deshalb nicht außer der winzigen Verordnung, die ich kenne, solche ältere bayerische Bestimmungen da sind, die wir (Pfarrer Kraußold und ich) nicht kennen, dann scheint mir „Bestimmungen“ im laxen Stil für „Bestimmung“ zu stehen und auf die winzige Verordnung zu gehen. Woher es dann kommt, daß Pfarrer Kr. aus dem Plural so viel schließt, weiß ich nicht. – Ich bemerke übrigens hier en passant, daß ich, die Zucht anlangend, absichtlich in dieser ganzen Schrift wenig gesagt habe. Die Stelle in Pfarrer Kraußold’s Schrift p. 55. f. ist, mich und meine Tendenzen anlangend, grundfalsch; ich weise die Kraußold’schen Beschuldigungen und Vermuthungen hiemit feierlich zurück. Ich werde übrigens kein Wort mehr über diese Stelle verlieren, wohl aber mir erlauben, was ich durch Studium und Erfahrung (ich übe seit 7 Jahren in meiner Gemeinde unter Teilnahme der bei weitem überwiegenden Mehrzahl der Pfarrkinder die Privatbeichte,


  1. Die Brandenb. K.-O. v. 1533. sagt: „Die Pfarrer sollen Acht haben, wenn sich unter andern solche Leut anzeigten, die in einem wißentlichen Irrthum und Ketzerei verwandt wären, oder sonst das gewisse unwiderstehliche Wort Gottes verlästerten, wie leider etliche zu thun sich nicht schämen, oder in wißentlichen unleugbaren Lastern lägen, welche Paulus 1. Cor. 5. und anderswo mehr erzählt, oder Unsinnige oder Narren, oder ganz unverständige Kinder, oder sonst grobe Leute, die noch die 10 Gebot, den Glauben und das Vater unser nicht könnten und nicht lernen wollten: dieselbigen sollen sie keineswegs zum heiligen Sakrament zulaßen, sondern sollen den irrigen und öffentlichen Sündern Gottes Gericht, Ungewisheit dieses vergänglichen Lebens stattlich einbilden, auf daß sie zur Buße getrieben werden. Wenn sie sich aber beßern und desselben ansehnliche Zeichen bei ihnen erscheinen laßen, so soll man sie annehmen, trösten, absolviren und zu der Gemeinschaft des Leibs und Bluts Christi, wie andere Christen, wiederum zulaßen.“
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Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 73. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/82&oldid=- (Version vom 1.8.2018)