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und, wie es schien, gesiegt. Auf dem Doppelbeschluß über Verpflichtung und Abendmahlszucht suchten wir Ruhe und glaubten sie auch zu finden. In diesen beiden Punkten, so schien es uns, hatten wir der Synode einen Anfang wahrer Beßerung gewisser Maßen abgefleht und abgerungen. Daraus mußte Weiteres folgen und zu erreichen sein. Wir glaubten die vorhandenen großen Uebelstände tragen zu müßen, bis Gott weiteren Segen gewährte, und glaubten auch unserer Seits durch fortgesetzten treuen Fleiß noch manchen Erfolg erringen und schauen zu können, wenn uns Gott nicht das beßere Glück der Ewigkeit zuvor verliehe.

 Diese unsre Beschlüße am Abend nach der Synode glaube ich deshalb hervorheben zu müßen, weil uns von mancher Seite her ein so unbändiges Separationsgelüsten zugetraut wurde, daß wir eben um jeden Preis austreten und ein Neues gründen wollten.

 Unserm Beschluß, fortan zu bleiben und innerhalb der Landeskirche nach deren Vollendung und der unsrer eignen Seelen zu ringen, mischte sich freilich Betrübnis genug bei. Wie viele drückende Uebel waren durch die Synode mit keinem Finger berührt, geschweige gerührt, gewendet und abgethan. Die ganze Beßerung lag in der Hoffnung. Indes, wir glaubten das Nöthige erreicht zu haben und – zum Tragen und Dulden waren wir ja vorhanden.

 Nun kamen aber so nach und nach die Synodalblätter, und diese änderten wenigstens mehreren unter uns den Sinn. Es ist ganz richtig, daß diese Synodalblätter von vielen Seiten her schon damals als nicht völlig glaubwürdig bezeichnet wurden; allein daß sie falsche Beschlüße gegeben hätten, hat doch wohl noch niemand gesagt. Auf die Beschlüße aber kam es an, wie Pfarrer Kraußold ganz richtig sagt. Aus den Synodalblättern ersah denn nicht bloß ich, sondern auch mancher andere, daß es mit der Synode und namentlich auch mit ihren letzten Beschlüßen anders stand, als wir gehofft hatten. Es sei ferne von mir, das zu verkennen, was die Synode in manchem Betracht geleistet hat; ich habe auch bereits an anderem Orte anerkannt, daß sie im Vergleich mit früheren Synoden preiswürdige Resultate gewann; ich kann mir auch Gesichtspunkte denken, von denen aus ich zum Lobredner der Synode werden könnte, ohne ein Heuchler zu sein. Hier aber, wie früher, da ich mir herausnahm, öffentlich etwas über die Synode zu sagen, ist nur von dem confessionellen Standpunkt und von dem die Rede, was für Abschaffung der schweren Uebelstände, für Lehreinheit und Abendmahlszucht geschehen ist, kurz, es ist von der Antwort auf unsre Petition die Rede – und diese eben fand ich nach den Synodalblättern gar nicht günstig und genügend. Wir wußten damals noch nicht, daß von den unsre Petition betreffenden, speciellen Verhandlungen gar nichts ins Schlußprotokoll aufgenommen war, daß also die kirchliche Oberbehörde kaum in den Fall kommen konnte, die desfalls ausgesprochenen Beschlüße der Synode zu prüfen und in Ausübung zu bringen. Wir sahen nur das, was wir lasen, von unserm Standpunkte an, und siehe, da entfiel uns auch die Freude, welche wir im Anbetracht der zwei obengenannten Hauptpunkte gefaßt hatten. Ich verweise desfalls auf meine Beleuchtung, welche mein damaliges Urtheil darlegt. – Es zeigte sich hier, daß am Ende der Recht hatte, welcher

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Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/79&oldid=- (Version vom 1.8.2018)