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worden wäre. Da, wo das Glaubensmaß der Symbole das Maß einer Synode ist, wo der objective Glaube der Kirche subjectiv geworden ist, ist Bekennen Lust, doppelte Lust, wenn man Kinder und Diener Gottes damit stärkt, ihnen Freudigkeit und Hoffnung einflößt. „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund,“ – Ists denn nun recht, uns die Anmaßung beizulegen, als hätten wir gewollt, die Synode solle sich vor uns legitimiren? Ists recht, auf Spontaneität des Bekenntnisses eifersüchtig dringen, damit es nur nicht scheine, als hätte man auf seine Brüder eine Rücksicht genommen? Man hat uns nun, wer weiß, wie oft gesagt, wenn wir, von unheilbaren oder uns unheilbar scheinenden Gebrechen der Landeskirche gedrungen, aus ihrem Verbande schieden, so giengen die besten Kräfte, es schwände das Salz. Ich glaube das nicht und habe hundertmal auf die vielen Knechte und Kinder Gottes gewiesen, die in der Landeskirche bleiben würden und von jedermann für gute Kräfte und für Salz erachtet werden. Aber wenn wir nun wirklich Salz waren, warum schaute man so mitleidlos, aus so gar hoher Ferne auf uns, die wir nach dem Bekenntnis hungerten und dürsteten? Darf man dem Salz nicht helfen, daß es ferner salze? – Und wenn „Bekenntnis zum Bekenntnis“ Eins ist mit dem, was wir begehrten: warum gab man uns nicht auf Bitten, was wir so nöthig hatten zu hören? Warum behandelte man uns wie eigensinnige Kinder, denen man gerade nicht thut, was sie wünschen? Baten wir doch der Kirche und jeder Synode Würdiges. Waren wir wirklich in den Augen unsrer Brüder so völlig nichts, oder liegt die Ursache doch wo anders? Liegt sie im erkannten Unvermögen der Mehrzahl oder im Nichtwollen? oder in Beidem? – Pfarrer Kraußold sagt p. 9., unsre Petition scheine gestellt worden zu sein, um nicht erfüllt zu werden. Gewis ists nicht an dem! Aber warum wurde sie denn nicht erfüllt? Wie froh wären wir und noch manche andere Seele gewesen, wenn das Bekenntnis auch nur von den geistlichen Gliedern der Synode in der alten Weise gegeben worden wäre, – oder wenn man uns mit unserm Begehren nur auf eine solche Weise abgewiesen hätte, daß man unser „ungebührliches Dringen“ getadelt, dabei aber doch irgend ausgesprochen hätte, man sei deshalb den Symbolen dennoch in gleicher Weise, wie die Väter zugethan. – Es geschah aber alles das nicht. – Ich fand die Ursache eben doch nirgends anders, als wo ich sie jetzt noch finde, nemlich im Mangel der Bekenntniseinigkeit – und diese Ueberzeugung, sonst gar nichts, ist mir in der ganzen Sache schwer. Man gab eben doch nicht, weil man nicht konnte.

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 In einer Stelle, welche zu den effektvollsten der Kraußoldschen Schrift gehört (p. 23.), fragt freilich der Verfaßer mit großer Indignation: „Seit wann hat die lutherische Kirche in Bayern aufgehört als lutherische Kirche zu bestehen? Wo ist der Act, durch welchen sie aufgehoben worden? Wo die Urkunde, kraft welcher irgend eine Union beider Kirchen d./Rh. stattgefunden hätte?“ Nun hat aber niemand das Dasein einer solchen Urkunde behauptet. Gibts denn sonst keine Art und Weise zu sterben und aufzuhören, als durch Urkunden und Acte des Staates? Was helfen dem Leichnam im Sarge die Urkunden? Was todt ist, ist todt, und wenn das Recht zu leben tausendmal verbrieft ist. Zum Leben einer Kirche gehört doch vor allem und einzig das Leben; ist es nicht da, so rede man nicht vom Recht, das niemand aus dem Tode wiederbringt, sondern man bekenne

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/75&oldid=- (Version vom 1.8.2018)