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verständigsten und tüchtigsten Gemeindeglieder zu Synodalen gewählt werden, und von denen sollte man nicht einmal fordern dürfen, daß sie sich mit den Symbolen bekannt gemacht haben? – Man wendet mir vielleicht ein: „Es ist möglich, daß nach Jahren die Forderung gestellt werden kann; vielleicht kommt das Studium der Concordie bei Geistlichen und Laien mehr empor; aber die Laiendeputirten von 1849? Vielleicht haben manche kaum gehört, daß es eine Concordie gibt!“ (Kr. p. 19.) – Die Einwendung mag gelten. Aber daraus wird man dann doch nicht auf die Giltigkeit des Bekenntnisacts vom 5. Februar schließen können, da sich, wer die Bekenntnisse nicht kennt, auch nicht für das Bekenntnis entscheiden kann. Was machte diesen Bekenntnisact wichtig? Das Bekenntnis der Geistlichen. So hätte man ja fordern können, daß auf der Synode einfach nach der Sachlage das Bekenntnis gegeben worden wäre. Die Geistlichen hätten sich in der alten Weise, mit quia, die Laien völlig wahrhaftig, je in ihrem Maße zu den Bekenntnissen bekennen können. Das wäre auch nicht unisono gewesen, außer von Seiten der Geistlichen, an welche die gerechte Forderung gestellt werden mußte; aber stilus planus wäre es gewesen, klar hätte man gesehen. Völlig freies Heraustreten gleich bei diesem Acte, wie hernach, hätte vielleicht sogar etwas Tröstliches, etwas Verheißendes gehabt. Man hätte fröhlich vorwärts gehofft! Aber freilich, man hätte da nicht bloß Unwißenheit, sondern auch Haß und Widerstand zu erfahren bekommen, vielleicht noch mehr, als beim Anfang und Schluß der Synode. Sagte doch ein Deputirter, er habe deswegen gegen das Wörtchen „lutherisch“ geredet, weil es in seiner Gegend eine verhaßte Partei bezeichne. Daran ist klar, wie es in vielen Gegenden steht. Es muß ja doch schlimm stehen, wo die verhaßte oder misachtete Partei die lutherische ist und heißt! Ich weiß, daß diese „Partei“ fehlt, wie andere Menschen; ich weiß auch, daß die ihr eigenthümlichen Fehler schwer Verzeihung finden, weil sie selten die Gestalt der Schwachheit, sondern meist die von übermüthigen Stärken und Ecken tragen. Ich gebe zu, daß sie gerechter Tadel gar manchmal trifft – aber daß die Fehler unter dem Namen der Kirche verworfen werden, daß sie der Kirche zur Last gelegt werden?!

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 Herr Pfarrer Kraußold stellt in seiner Schrift nicht in Abrede, daß es der Synode, namentlich unter den gegenwärtigen Umständen zugekommen sei, zu bekennen; aber er meint, es hätte das Bekenntnis nicht auf unsre Petition, sondern aus freiem Antrieb erfolgen müßen. (S. Kr. p. 10.) Fast scheint es einmal, als wollte er Anmaßung in unserer Bitte finden. Allein damit stellt er eine gewählte Synode doch gar zu hoch über die wählenden Glieder der Kirche hinauf. Einer Synode gehört doch das Credo zu, warum soll es denn gerade Anmaßung sein, wenn Glieder, die mit wählten, um das Credo bitten, das schon bei der Wahl hätte abgegeben werden sollen? Und was solls denn gegen die Würde einer Synode sein, auf Bitten von einigen Hunderten von treueren Dienern und Kindern der Kirche, zu deren Beruhigung, Erbauung und Tröstung das Bekenntnis im alten, herkömmlichen Sinn der ganzen lutherischen Kirche zu thun? Ich denke, die Versammlung zu Schmalkalden, ich denke, die preußische Synode des Jahres 1848 zu Breslau würden den Trost nicht verweigert haben, wenn er erbeten

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Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/74&oldid=- (Version vom 1.8.2018)