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die Symbole immer nur mit quia – und gesagt muß das quia irgend wo sein, sei’s da, seis dort. Nur bei dem offenen quia ist Garantie für die Kirche.

 Aber „ich streiche ja doch in die Luft“ mit meiner Forderung der Bekenntnistreue. Ich scheine ja selbst zwischen Bekenntnis und Bekenntnissen zu scheiden, indem ich meine Forderung in die Worte kleide: „man nehme für Bekenntnis, was bekennend gesagt ist!“ Also scheid ich ja selbst das Bekenntnis aus den Bekenntnissen aus; mir gestatt ichs, andern verarg ichs? Oder ist mir im Eifer der Opposition eine Schwachheit begegnet, und hab ich etwa nur geredet, um zu reden, da der Kampf aus war, noch in die Luft gestrichen? (S. Kraußold p. 36) Ich denke doch nicht. Ich werde unter vielen Worten auch eitle sagen, aber diesmal wußte ich, was ich sagte, ganz wohl.

 Ja, ich unterscheide im Concordienbuche, was bekennend gesagt ist, und was nicht also gesagt ist, – und ich unterscheide noch mehr. Es fällt mir nicht ein, am Buchstaben zu kleben und mir Symbololatrie zu Schulden kommen zu laßen. Ich habe zu solchen Beschuldigungen, so viel ich mir bewußt bin, keinen Anlaß gegeben. Ich habe oftmals an den schmalkaldischen Artikeln meine einfache Meinung gezeigt. – Die schmalkaldischen Artikel sind von Luther und zwar ganz in derjenigen Originalität geschrieben, welche ihn beherrschte, über die ihn selten irgend etwas hinweggehoben hat. Bei diesem Sichgehenlaßen des Helden fehlt es ganz an dem für ein Bekenntnis so erwünschten objectiven Stil, und es könnte hier ein quatenus sich manchmal sehr empfehlen; denn wer kann verbunden sein, jeder originellen Aeußerung, sei es auch eines Luther, das Siegel unterzudrücken? Was für einen Sinn hätte es auch, Originalität und Individualität symbolisch machen zu wollen? – Weniger auf bloßer Originalität beruhend sind jene zahlreichen Stellen von dem Antichristenthum des Papstes, von dem teuflischen Wesen des Pabstthums. Man lese einmal in der Müllerischen Ausgabe p. 307. a., 308. a., 309. a., 325. f. a. Diesen Stellen beizustimmen werden heut zu Tage viele Bedenken tragen, obwol die älteren lutherischen Dogmatiker steif auf dem Antichristenthum des Pabstes bestehen. Indes wird man doch nach Prüfung der Gründe Luthers, von denen am Ende kein Iota aufzugeben sein dürfte, zugestehen müßen, daß das Pabstthum antichristisch sey, und alles Gute, was sich in der römischen Kirche findet, wird nichts dagegen beweisen, weil der Antichrist in Gottes Tempel sitzt. Dennoch wird man gerechtes Bedenken tragen, zu sprechen: „Der Pabst ist der Antichrist“. Es gibt viele Antichristen, aber der Mensch der Sünde, das Kind des Verderbens, kann der Pabst nicht sein, weil man da fragen müßte: „Welcher Pabst ist es?“ Luther selbst kann das kaum meinen, weil auch er die Antwort auf diese Frage schuldig bliebe und die Auffaßung des Antichrists als eines Collectivbegriffs ganz deutliche Bibelstellen wider sich hat. Man wird also die concrete Sprache Luthers so zu nehmen haben: Das Pabstthum und jeder Pabst hat, so wie es in der römischen Kirche geworden ist, etwas Antichristisches; jeder Pabst kann ein Antichrist heißen; aber der Antichrist fehlt noch. Kaum wird mans leugnen können, daß manche Worte Luthers in den schmalkaldischen Artikeln

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/69&oldid=- (Version vom 1.8.2018)