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vielleicht haben wir aber auch das unter den gegebenen Umständen Beste getroffen. Manche Kreise confessionell Gesinnter kannten wir voraus in so weit, daß wir keine Beistimmung hoffen konnten. Was hätte es geholfen, wenn wir sie da vorgelegt hätten? Entweder hätte uns der Widerstand entmuthigt, oder wir wären, wenn wir des Widerstandes ungeachtet auf der Petition und ihren einzelnen Punkten beharrt hätten, genöthigt gewesen, von vorn herein nicht bloß neben, sondern auch im Gegensatz zu unsern anders gesinnten Freunden zu stehen. Keines von beiden wollten wir und giengen drum einfach, wie ja auch die andern Kreise ohne Rücksicht auf uns thaten, den Weg des besten Wißens und Gewißens.

 Die fertige Petition wurde auch nicht möglichst vielen zur Unterschrift vorgelegt. Es war keine Monstreeingabe beabsichtigt, und wir wußten wohl, daß, je mehr Unterschriften wir lieferten, desto mehr Zweifel an der erwogenen Zustimmung der Subscribenten entstehen würden. Daß dennoch so viele Unterschriften kamen, war ganz zufällig. Es würden noch Hunderte mehr drunter stehen, wenn alle, welche sich dafür interessirten, von dem Grundsatz ausgegangen wären, alle ihre Gleichgesinnten zur Unterschrift einzuladen. Das Verfahren war ungleich. – Beschleicht einen nun gleich bei mancher Unterschrift ein Lächeln, so habe ich doch mit meinen Augen viele unterschreiben sehen, denen es heiliger Ernst war. In mancher Gemeinde erhob sich hernach einige Unzufriedenheit und Unwille, daß nicht öffentlich zur Unterschrift aufgefordert worden war. Gar mancher einfache Landmann sah es als eine Art Beleidigung an, daß er seinen Namen zu unterschreiben keine Gelegenheit gehabt hatte.

 Bei dem Inhalt der Petition gieng man ganz einfach von der Sachlage aus. In dem Wahlausschreiben zur Generalsynode war Bekenntnistreue unter den Erfordernissen nicht genannt. Wir wünschten, daß die Generalsynode durch ein offenes Bekenntnis zum Bekenntnis das Versehen oder den Fehler gut machen möchte. Ferner konnte es nicht genug sein, daß man sich mit Worten zum Bekenntnis bekannte. Es mußte doch dem Worte Kraft gegeben werden. Darum wünschten wir, daß sich die Synode in bekenntnistreuem Muthe gegen die bekenntniswidrigen kirchlichen Uebelstände kehrte. Unter die bekenntniswidrigen Gebrechen rechneten wir insonderheit folgende:

1. Summepiscopus ist ein römisch-katholischer König.
2. Die kirchliche Oberbehörde ist verfaßungsmäßig combinirt, und wird deshalb leicht zu unirtem Wesen versucht.
3. Die Landeskirche ist eine „protestantische Gesammtgemeinde“, welche Lutheraner und Reformirte umfaßt.
4. Die Generalsynoden sind combinirt.
5. Die Diöcesansynoden sind combinirt; lutherische und reformirte Pfarreien gehören zu derselben Synode, werden von einem und demselben Dekan regiert.

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/62&oldid=- (Version vom 1.8.2018)