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Anhang.
Luther über die Bruderschaften der römischen Kirche,
1519.

 Zum ersten wollen wir die bösen Uebungen der Bruderschaften ansehen. Unter welchen ist eine, daß man ein Freßen und Saufen anrichtet, läßt eine Messe oder etliche halten, darnach ist der ganze Tag und Nacht, und andere Tage dazu dem Teufel zu eigen gegeben. Da geschieht nichts mehr, denn was Gott misfällt. Solche wüthende Weise hat der böse Geist eingetragen, und läßt es eine Brüderschaft heißen, so es mehr eine Luderei ist, und ganz ein heidnisch, ja ein säuisch Wesen. Es wäre viel beßer, daß keine Bruderschaft in der Welt wäre, denn daß solcher Unfug geduldet wird. Es sollten weltliche Herren und Städte mit der Geistlichkeit dazu thun, daß solches abgethan würde. Denn es geschieht Gott, den Heiligen und auch allen Christen große Unehre daran, und macht Gottesdienst und die Feiertage dem Teufel zu einem Spott.

 Denn die heiligen Tage soll man mit guten Werken feiern und heiligen, und die Bruderschaft sollte auch eine sonderliche Versammlung sein guter Werke: so ist es worden ein Geldsammeln zu Bier.. Was soll unser lieben Frauen, St. Annen, St. Bastian oder anderer Heiligen Name bei deiner Bruderschaft thun, da nichts mehr denn Freßen, Saufen, unnütz Geldverthun, Plerren, Schreien, Schwätzen, Tanzen und Zeitverlieren ist? Wenn man eine Sau zu solcher Bruderschaft Patronin setzte, sie würde es nicht leiden. Warum versuchen wir denn die lieben Heiligen so hoch, daß wir ihren Namen zu solchen Schanden und Sünden mißbrauchen, und ihre Bruderschaften mit solchen bösen Stücken verunehren und lästern? Weh denen, die das thun, und zu thun verhängen.

 „Zum andern, so man eine Bruderschaft wollte halten, sollte man zusammenlegen und einen Tisch oder zween armer Leute speisen, und denselben dienen laßen um Gottes willen, sollte den Tag zuvor fasten und den Feiertag nüchtern bleiben, mit Beten und andern guten Werken die Zeit hinbringen: da würden Gott und seine Heiligen recht geehret, daraus würde auch Beßerung folgen und gut Exempel den andern gegeben. Oder man sollte das Geld, das versoffen wird, zusammenlegen und einen gemeinen Schatz sammeln, ein jeglich Handwerk

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/56&oldid=- (Version vom 1.8.2018)