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1.
Der Vorschlag zu einem Verein für apostolisches Leben.


 Wenn ich in dem Nachfolgenden vielfach in der ersten Person rede, so geschieht es nicht aus Hochmuth, sondern einzig aus dem Bestreben, das, was ich sage, bloß als meine Meinung oder als meine Ansicht vom Verlauf der Sache hinzustellen, dagegen meinen etwaigen Freunden keinerlei Mitverantwortung meiner Ansichten oder Aeußerungen aufzulegen. Ich bin mir nicht bewußt, irgend die Unwahrheit zu lieben? ich gedenke auch dann die Wahrheit zu ehren, wenn sie wider mich spricht; aber ich kann ja irren. Gelte deshalb meine Darstellung, was sie kann. – Ich werde es auch möglichst vermeiden, Persönliches vorzubringen. Ich möchte die allgemeinen Wahrheiten, welche ich vertrete, nicht durch Eingehen in persönliche Verhandlungen mit Freunden oder durch Beurtheilung ihres Benehmens irgendwie in den Hintergrund stellen. Am wenigsten will ich aber in Bekämpfung mir gemachter Vorwürfe genau sein. Ich habe mit Vertheidigung meiner Person niemals Zeit vertragen, wenn ich nicht von außen her gedrungen wurde. Es mögen meine befreundeten Gegner deshalb nicht grade denken, daß in allen nicht abermals beregten Punkten meine Ueberzeugung auf ihre Seite hinübergeschlagen sei. Wol aber bitte ich sie, es zu bemerken, wo ich etwa mein eigenes Benehmen tadle oder in meinen Ansichten eine Retractation zu Tage liegt. Es war mir eine Angelegenheit, offen zu bekennen, wo ich etwa geirrt habe, und es wäre mir der Einigkeit wegen lieb gewesen, wenn ich mich öfter auf die Seite meiner Gegner hätte stellen können. Ich fürchte, es möchte ihnen nicht genug gethan sein.




 In dem Abschn. I. Gesagten habe ich mich lediglich auf das beschränkt, was mich und meines Gleichen, also auf das, was Pfarrer, besonders Landpfarrer drückt; ich meine die massenhafte Verderbnis der Gemeinden und die mangelnde Lehreinheit. So manche andern, keineswegs unerhebliche Beschwerden wollte ich vorerst nicht berühren. Dahin gehört z. B. vieles, was die Form und Gestaltung der bayerischen Landeskirche als solcher betrifft, ihre Verfaßung, ihr Regiment, ihre öffentlichen Erweisungen und Lebensäußerungen. Zwischen diesen mehr formalen und den von mir vorgelegten materialen Uebeln besteht ein unverkennbarer Zusammenhang der folgenreichsten Art, den ich gewis mit am wenigsten in Abrede stelle. Er kam aber nicht zunächst in Betracht, weil nicht er zunächst es war, der sich uns in unserm amtlichen Leben aufdrängte und uns in die geängstigte und jammervolle Gemüthsverfaßung versetzte, deren öffentliche Bezeugung uns vielen unserer

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Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/42&oldid=- (Version vom 1.8.2018)