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an Einem Altare, promiscue, unter Einem Pfarrer, je nach dem Verlangen der Communicanten; selbst in ganz lutherischen Gemeinden reformirte oder unirte Distributionsformeln: das und dergleichen Dinge sind bis zur Stunde weder verschwunden, noch verboten. Auch kann noch immer eine lutherische Pfarrei durch reformirte, nicht übergetretene Pfarrer, eine reformirte durch lutherische Pfarrer versehen und mit ihnen besetzt werden. Das alles muß doch Pfarrer Kraußold wißen, – und begründen denn diese Sachen keine falsche Sacramentsverwaltung? Ich weiß unter allen Gutachten, die ich rücksichtlich solcher Misbräuche aus früheren Zeiten der Kirche kennen gelernt habe, ein einziges im Dedeken’schen Thesaurus befindliches, welches die laxe Ansicht unserer Tage auf und für sich anwenden könnte; sonst, denk ich, wird die lutherische Vorzeit eine solche Uneinigkeit in der Sacramentsverwaltung nicht minder verwerfen, als die Uneinigkeit der Lehre, welche unter uns allerdings vorhanden ist. (Cf. Die Stelle aus unserer Petition an die bayerische Generalsynode von 1849 p. 7. 4, c. meiner Beleuchtung der Beschlüße der Generalsynode. Pfr. Kr. selbst stellt die Richtigkeit der in der Petition geschilderten Misbräuche in der Sacramentsverwaltung nicht in Abrede.)

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 Es ist nun zwar ganz richtig, und ich habe es deswegen auch oben schon zugegeben, daß die meisten Differenzen innerhalb des bayerischen Ministeriums nicht sowol den Grund, als die Grenzen der Confessionen angreifen. Aber auch so ist das Uebel größer, als daß man es so leicht hin und auf die Länge ertragen könnte. Wir brauchen gar nicht hervorzuheben, daß ja doch auch noch Rationalisten feinerer und gröberer Art in Amt und Würden stehen, die abweichendere Lehren führen, als die Confessionen untereinander, und gegen welche deshalb alles, was gegen die Lehre fremder Confessionen zu sagen ist, nur im verstärkten Maße angewendet werden kann. Wir wollen bei den Verschiedenheiten innerhalb der christlichen Grundgedanken bleiben. Wäre nun hier von der Verwandtschaft verschiedener, äußerlich von einander geschiedener Confessionen die Rede, so würde allerdings der Unterschied zwischen den sogenannten fundamentalen und nicht fundamentalen Artikeln eine gute Basis für friedliche Auseinandersetzung bieten. Aber innerhalb einer und derselben Confession verlangt man mit Recht nicht bloß in den fundamentalen, sondern in allen denjenigen Artikeln Uebereinstimmung, über welche die Confessionen zum Abschluß gekommen sind. Hier beschönigt keine Hinweisung auf die mangelhafte Orthodoxie etlicher Subscribenten der schmalkaldischen Artikel, keine Berufung auf die Differenzen, welche sich zwischen Lutheranern und Lutheranern vor Annahme der Concordienformel, vor Abschluß der lutherischen Concordia erhuben; eben so wenig ein Fingerzeig auf diejenigen Zwistigkeiten, welche sich hernach über symbolisch unentschiedene Punkte ereigneten. Wohl aber gehört hieher, was wir Form. Concord. Art. 10. Epit. lesen: „In doctrina ejusque articulis omnibus et in vero sacramentorum usu sit inter ecclesias consensus.“ (D. i.: „In der Lehre und in allen ihren Artikeln, sowie im rechten Brauch der Sacramente sollen die Kirchen einstimmig sein.“) Ganz richtig; denn, mit Luther zu reden, „wo der Teufel es dahin bringt, daß man ihm Einen

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Unsere kirchliche Lage im protestantischen Bayern. Verlag der C.H. Beck'schen Buchhandlung, Nördlingen 1850, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Unsere_kirchliche_Lage_im_protestantischen_Bayern.pdf/27&oldid=- (Version vom 15.5.2019)