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kamen die obersten Väter, dazu die Priester und Leviten zu Esra, dem Schriftgelehrten, und wollten das Gesetz lernen, – und da es gerade der siebente Monat war, und sie im Gesetze fanden, daß der Herr im siebenten Monat das Laubhüttenfest geboten hatte, gingen sie eilend hin, und feierten dem Herrn Laubrüst, und richteten sich im Leben und Gottesdienst forthin nach Gottes Wort. Neh. 8. Was war das anders, als eine Reformation und Rückkehr zu Gottes Wort, nach dem Sinn des heiligen Sängers Ps. 119, 59., welcher spricht: „Ich betrachte meine Wege und kehre meine Füße zu Deinen Zeugnissen!“ – nach unsern Textesworten: „Kehre wieder, Israel!“?

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 Eben so ist es mit der Reformation des deutschen Volkes. Die Welt war von Gottes Wort abgewichen, neue Pharisäer waren aufgekommen, die ihre Menschensatzungen höher achteten, als Gottes Gesetz und Evangelium, Gottes Wort war theuer im Lande: die Priester wußten’s nicht, was sollte man vom Volke erwarten? Da nahm der Herr Herr einst Seinen Knecht Luther bei der Hand, und führte ihn zu Seinem uralten, ewigen Wort, und Luther las, verwunderungsvoll, daß solch’ himmlisches Licht den Menschenkindern gegeben ist. Noch war die heilige Schrift für das Volk ein Licht unterm Scheffel; aber der Herr setzte es als eine stille Lampe in die Kammer Luther’s, und gab ihm in Verborgenheit die Kräfte der zukünftigen Welt aus diesem Wort zu trinken, daß er davon trank und stark ward, wie ein Held. Was ihm der Herr im Kämmerlein in’s Ohr gesagt hatte, das predigte Luther hernach auf den Dächern. In demselben Jahre, in welchem er die 95 berühmten Sätze anschlug, übersetzte er die sieben Bußpsalmen, und gab sie mit herzlicher Vermahnung hinaus. Als im Jahre 1521 Kaiser und Reich sammt Papst und Priestern dem aufwachenden Leben der Kirche den Tod geschworen hatten, nahm der Herr den