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seyen, daß die Welt alle Tage mehr Gottes Zorn reize, daß die Welt mit höchstem Unrecht, Gott mit höchstem Rechte zürne, und damit wir nur die Hauptsache nicht vergessen, ich denke, es leuchtet ein, daß Gott über uns zürne wegen unserer Sünden, und wir mit ihm, weil er uns unsern Sündenwillen nicht gönnt, noch lassen will. – Was soll nun aus dieser Feindschaft, aus diesem Kriege werden? Wenn die Welt immerzu sündigt und den Zorn häuft auf den Tag des Zorns: wie wird’s enden? Werden wir oder Gott den Sieg behalten? Was ist doch die ganze Welt gegen Gottes Macht? Wenn er Seinen Odem wegnimmt, hat sie ausgestritten wider Ihn, denn Seine Kraft ist es, welche sie gegen ihn mißbraucht. Schon redet er von einem ehernen Scepter, mit welchem er sie zerschlagen will, wie man Töpfergefäße zerschlägt. Schon steht es fast 3000 Jahre im Psalm: „sein Zorn wird bald entbrennen“ (Ps. 2, 9–12). Bald kann dies „bald“ hinausgehen, bald können wir’s erfahren, wie schrecklich es ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen.

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 Brüder, lasset mich von euch hoffen, daß ihr Alle wünschet, dem zukünftigen Zorn zu entrinnen, und wenn ihr wirklich dies wünscht, sagt: was wünscht ihr eben damit, wenn nicht, daß die Feindschaft zwischen Gott und euch hinweggenommen werde, daß ihr mit Gott und Gott mit euch versöhnt werden möge? daß Friede werde nach dem langen Krieg und die Herzen wieder vereinigt werden, die von Anfang an zusammen gehörten, nämlich: die Herzen der armen Kinder, und das große, liebevolle Herz des Vaters, an welchem die ganze Welt Platz findet? Wie wünschenswerth ist die Versöhnung mit Gott der feindschaftmüden Seele, der Seele des verlornen Sohnes, der mit Träbern sich behelfen mußte lange Zeit, während sein Geist des frohen Lebens in seines Vaters Hause gedachte! Wie lieblich wären dem zerschlagenen Geiste die Füße der Boten, welche Frieden, Frieden von dem ewigen