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hülfreich entgegen, und lehrt uns Vorsicht. Er warnt uns in unserm Evangelio namentlich vor dreien Dingen, von denen wir ohne Seine Rede allzugeneigt seyn würden, einen Schluß auf die Treue eines Lehrers zu machen. Diese drei unsicheren Dinge sind:

a. Das Herr, Herr sagen,
b. Das Weissagen im Namen Jesu,
c. Das Thaten thun in Seinem Namen.

 a. „Es werden, versichert Jesus Christus, nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! in’s Himmelreich kommen.“ Herr, Herr sagen heißt Jesum für einen Herrn bekennen; – bekennen, daß Er würdig sey, zu nehmen Preis und Ruhm und Ehre, Gewalt und Macht, würdig, daß sich in seinem Namen beugen alle Kniee im Himmel und auf Erden und unter der Erden. Es steht wohl geschrieben (1. Cor. 12, 3.): „Niemand kann Jesum einen Herrn heißen, ohne durch den heiligen Geist.“ Aber viele maßen sich’s an, und nennen den großen Namen in frecher Dreistigkeit, ohne Ehrfurcht. Darum kann man denjenigen noch nicht mit Sicherheit einen Diener Gottes nennen, dessen Bekenntniß vom Namen Jesu rechtgläubig lautet: es kann Schafpelz seyn und ist es hundertmal gewesen. Rechtgläubiges Bekenntniß ohne rechtgläubiges Leben ist Nichts; von jenem zu diesem ist ein großer Schritt.

 b. Daß nun „Herr, Herr sagen“ kein sichres Kennzeichen frommer Lehrer sey, ist leicht zu begreifen. Aber das ist erstaunlich, daß man in Jesu Namen weissagen und am jüngsten Tage doch die Stimme hören kann: „Ich habe euch nie erkannt.“ Weissagung – nach der nächsten Bedeutung Vorherbestimmung der Zukunft, ist eine Wundergabe; aber dennoch eine Gabe, welche auch ein Heuchler haben und trotz ihres Besitzes als Heuchler verloren gehen kann. Bileam (4. Mos. 22–24.) weissagte