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 6. An demselben Tage schrieb sie in Bezug auf den indes geschehenen Brautbesuch:

 „Herzlichen Dank für Deinen mir so lieben Besuch in Frankfurt. Ich meine, ich könne Dich jetzt mehr lieben, seitdem ich Dich gesprochen und gesehen habe. Ich weiß nun gewiß, daß der HErr Dein Herz zu mir geneigt hat. Der mir so liebe Vers: „Neige, HErr, Sein Herz zu mir, wie du liebest die Gemeine, daß auch dies Geheimnis hier in uns beiden recht erscheine. Laß ihn mein, mich Seine sein, schlage Händ und Herzen ein!“ Dies war vor Deinem Besuch ein Gebet, und nach demselben sehe ich mein Gebet schon erhört.“ –

 Es war aber der Brautbesuch ganz wunderlich, die Braut war einsylbig, still, feierlich freundlich. Nachdem sie mir die Hand gereicht hatte, führte sie mich zu ihrem Fortepiano, setzte sich, schlug an und sang: „Seelenbräutigam, JEsu, Gottes Lamm.“ Wenn Gesellschaft da war, entzog sie sich oder gieng allein. Wenn sie allein mit dem Bräutigam war, redete sie auch wenig. Als ich am Schluße des Besuches zur Post gieng, saß sie allein in der Gartenlaube und nähte. „Helene, begleitest du mich bis zur Post?“ Antw.: „Nein, aber wenn du wieder kommst, geh ich ganz mit dir.“ Damit reichte sie mir die Hand, und ich gieng mit ihrem Vater zur Post.

 7. Am 31. Mai schrieb sie von Hanau, wo sie bei ihrem Bruder war:

 „Seitdem Du weg bist, war es mir oft wohl und als weh zu Muth. Aber Du fehlst mir