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heilig und lieblich war ihr ganz Benehmen, so daß sie meine schmerzenreiche Seele zur Kraft, sie mit dem göttlichen Worte zu erfreuen, emporhob. In diesem Kampfe kam es dahin, daß der Odem stille stand, mein Herz durchbohrte der Gedanke: „sie stirbt.“ Da öffnete sie die Augen wieder und wurde von Stund an beßer. Ich that Gott mit heißer Sehnsucht brünstige Gelübde für ihre Genesung. Ich hätte sie gerne vor aller Welt auf die Altäre gelegt. Schon glaubte ich erhört zu sein. Ich stellte mir sie schon als eine langsam Genesende, durch die Krankheit sehr Geschwächte und Entstellte vor, freute mich aber, nun erst meine Liebe beweisen zu können. – Das Fieber wich, Zeichen der Beßerung traten ein. Was ernstere Anzeichen waren, die ich an andern leicht erkenne, sah ich nicht. – Am Nachmittag vor ihrem Tode redete sie viel irre. Immer beschäftigten sie geliebte Personen, die Schwiegermutter, der Schwager Max und dessen Söhnchen etc. Dazwischen rief sie mir zu: „Du mußt ja doch auch sterben.“ Manchmal glaubte sie, die gute Mutter zu sehen, drückte der neben ihr stehenden Nichte die Hand, als wäre es die Mutterhand, ließ sich’s auch nicht verneinen, rief mit dem innigsten Seelenausdruck: „Beste Mutter!“ – Ihre Worte wurden immer ernster. Sie betete:

„Ich weiß, an wen ich glaube.
Ich nahe mich im Staube
Zu Dir, o Gott, mein Heil.
Ich bin der Schuld entladen,
Ich bin bei Dir in Gnaden,
Und in dem Himmel ist mein Theil!“