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sich bald, daß ihr, wie so vielen in unseren Tagen, ein schwaches Nervensystem zu Theil geworden war. Sie war ein Mägdlein von vielen Thränen und ermüdete leicht. Für Wohl und Wehe war sie von Kindesbeinen an gleich empfänglich, – sie wurde von Allem leicht ergriffen und auch körperlich afficirt.

 Bei ihrer Nervenanlage war es sehr gut, daß sie einen einfachen Bildungsweg betrat. Sie besuchte vom Juli 1823 bis October 1832 die Musterschule zu Frankfurt, kam demnach bald zum Lernen und blieb immer in derselben Anstalt. Da sie nach bayer’schen Ordnungen bei ihrer Verheirathung eines Schulscheins bedurfte, so wurde ihr bezeugt, daß sie die Schule „als eine wackere Schülerin“ besucht habe. In Bayern würde man ihr freilich bei gleicher Tüchtigkeit prunkvollere Prädicate gegeben haben. –

 Ihre Mutter war, durch Krankheit genöthigt, öfters vom Hause abwesend. Wohin sie aber auch gieng, Helene war ihre Begleiterin. Von Anfang an waren beide unzertrennlich. Die Tochter folgte der Mutter, die Mutter der Tochter, so war es im Leben, so war es im Tode.

 Im Jahr 1835 reiste die Mutter, mit ihr die Tochter nach Nürnberg, wo sich eine jüngere Tochter im Kreise einer nahe verwandten Familie aufhielt. Diese Familie wohnte in einem Hause, in welchem auch ich wohnte. Ich war dazumal Pfarrverweser bei St. Aegidien. Da sich der Aufenthalt der Mutter in Nürnberg verzog, wurde mir aufgetragen, den in Frankfurt angefangenen Confirmanden-Unterricht Helenens fortzusetzen. Ich setzte ihn fort und vollendete ihn. Ich