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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

von einem ärgeren Uebel bei der Rückkehr der Teufel die Rede sein. Ist das Letzte ärger als das Erste, so muß das Erste schon arg gewesen sein.

Christus erbarmte Sich der Menschen und ein Hauptzweck Seiner Erscheinung auf Erden war, die Menschen von den Besitzungen und Plagen des Teufels zu befreien.
Christus hat nicht bloß einzelne Teufel ausgetrieben, sondern auch den Obersten der Teufel in seinem höllischen Palast angegriffen, ihm seine Rüstung ausgezogen und bei Seiner Höllenfahrt einen Triumph aus ihm gemacht.

 Bedenkt man nun diese Sätze und dazu, wie sicher sie aus den Worten Christi fließen, so gehört doch viel dazu, sich in der vorgefaßten Meinung, daß kein Teufel und kein böses Geisterreich sei, daß es also auch keine Wirkungen und Besitzungen des Teufels geben könne, treu zu bleiben. Wie kann man sich denn hierin treu bleiben, ohne dem HErrn zu widersprechen? Wie kann man Ihm widersprechen, ohne sich über Ihn zu stellen, ohne Ihn zu lästern? ohne Ihn Lügen zu strafen, ohne Ihn also zu einem Bösewicht zu machen und damit der Sünde theilhaft zu werden, welche sich nach dem heutigen Evangelium die Feinde Christi aufluden? Was macht man da aus dem Heiland, was aus sich selbst! Wie schnöde beraubt man sich alles Heils und aller Hoffnung! Was bleibt einem vom Christentum übrig, wenn man Christum auch nur in einem Stücke betrüglich fand? In der That, nichts, gar nichts, − und man sollte dann doch wenigstens Muth genug haben, zu gestehen, wie völlig alles Heiles baar, wie ganz verarmt man in religiösen Dingen ist, wie das Herz durch den Unglauben alle Hoffnung und Aussicht verloren hat. Aber freilich, eben weil man so gar elend und arm geworden ist, hat man auch zur Offenheit den Muth nicht mehr, oder man findet es der Mühe nicht mehr werth, offen zu sein, oder, denn auch ein solcher Betrug kann das Herz umnebeln, man hält es für eine Art von Barmherzigkeit, andere nicht durch ein Bekenntnis eigener Leerheit in dem Wahne zu stören, der sie glücklich macht. Jedenfalls wird man so zum Heuchler, zum übertünchten Grabe voll Moders, unwahr gegen andere, ein Bestreiter göttlicher, wahrhaftiger Worte, ein Feind des HErrn, unsittlich und verwerflich durch und durch.

 Wie viel beßer ist es da, sich vor JEsu zu neigen, sich von Ihm lehren und warnen zu laßen, sich selber Lügen zu strafen, statt des HErrn Wort in Zweifel zu ziehen. Es gibt nach des HErrn Wort ein böses Geisterreich, so wollen wir ihm entfliehen. Es gibt Anfechtungen und Besitzungen des Satans, so wollen wir doch wachen und beten, daß wir nicht gefangen, noch überfallen werden. Noch sind die Werke des Teufels nicht so zerstört, daß er nicht Erlaubnis hätte, wie er einst einen Hiob versuchte und plagte, auch einen Apostel Paulus mit Fäusten zu schlagen: deshalb sei es uns heiliger Ernst, uns Christo zu ergeben und täglich unsern Taufbund zu erneuen, in welchem wir bereits an der Schwelle des Lebens dem Satan entsagten. Die Gewisheit, daß wir unsichtbare Feinde haben, die nach unsren Seelen stehen, treibe uns, die Waffenrüstung dankbar anzuziehen, die wir Ephes. 6. lesen, und in den Kampf zu gehen. Die Gewisheit, daß der HErr den Sieg gewonnen und nun in unsrem Kampfe bei uns ist, mache uns freudig und zuversichtlich, daß der HErr wie Seinen Kampf, so auch Seinen Sieg in uns wiederholen werde. Wir kennen die Feinde, wir kennen ihre List, drum seien wir vorsichtig und eifrig, und weil uns die Glorie des Sieges und Triumphes bekannt ist, so seien wir geduldig und langmüthig im Streit bis ans Ende. So grauenhaft unser Kampf, so herrlich der Sieg. Dem jagen wir nach. Nichts halte uns auf, nichts werde geduldet, was uns hindern könnte, wohl zu kämpfen. Ist irgend eine Leidenschaft oder Trägheit in uns, die dem Satan die Pforte der Seele, des Leibes oder Geistes öffnen könnte, so wollen wir uns nicht schonen, sondern dem Unglück und bösen Stündlein zuvorkommen, ausreuten wollen wir in der Macht des HErrn so böses Unkraut. Und sehen wir irgend einen unserer Mitgenoßen im Kampf und Leben vom Satan übermocht, seis daß die Seele vom Blendwerk seines Reiches umnebelt, seis daß der Leib dahingegeben wäre in des Satans Plagen: da laßt uns vor ungläubiger Umgebung uns nicht schämen, das Beste zu thun, was gethan werden kann, sondern laßt uns zusammenstehen und helfen, d. i. beten ohne Unterlaß, bis uns der HErr ansieht und durch Erhörung uns und dem Leidenden, ja dadurch der Welt und dem Teufel kund thut, daß Er lebt und regiert in Ewigkeit und daß die Frist und Wartezeit, die bis zum jüngsten Tag vergeht, und die Stille, die Er, der ewige König und

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Wilhelm Löhe: Evangelien-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1859, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Evangelien-Postille_Aufl_3.pdf/150&oldid=- (Version vom 28.8.2016)