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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

auf den Frieden mit Gott, wie auf den unter Juden und Heiden eine ewige Wahrheit. In Christo ist Friede: wer im Frieden bleibt, des Herz und Sinne bleiben in Christo JEsu; wer in Christo JEsu bleibt, bleibt im Friede. – Vor was sollst du dich fürchten, wenn du in Christo und in Seinem Frieden bist? Vor Ihm selbst etwa, wenn Er zum Gerichte kommt? Aber Er ist ja dein Friede. Vor dem Vater – aber von Ihm stammt ja Christus, dein Friede! Vor dem Geiste – aber Er verkündigt dir in Christo JEsu den Frieden! Vor dem Untergang der Welt – aber dein Friede geht ja nicht unter, sondern er kommt in Herrlichkeit, wenn Christus kommt. Vor dem Teufel – aber dein Friede hat deinen Störenfried überwunden. Vor der Welt, vor dir selbst? Aber die Welt vergeht vor Ihm – und du wirst gehalten und erhalten in Ihm: der Friede bewahrt dich in Christo JEsu – JEsus Christus bewahrt dich im Frieden.

 Das ist eine wunderbare Weise mit dem Frieden, daß er so gnadenvoll ist und die Seele so still macht. Voller Sünden, voller Schuldbewußtsein, voller Unruh, ein Meer voll Elend ist mein Geist, – und nun ists so still in mir: kein Hauch über meinen Waßern. Ich bin in JEsu, mein Herz hängt an Ihm, meine Gedanken umkreißen Ihn, meine Seele erhebt den HErrn, mein Geist freut sich Gottes meines Heilandes. Es geht sehr lieblich zu beim Frieden – und doch kann ichs nicht sagen, nicht predigen, nicht preisen nach Würden. Stille Feier – sichere Ruhe – JEsus im Blick. Ich bin gewis, sagt eine Säule des Friedens, daß weder Tod noch Leben, weder Engel, noch Fürstentum, noch Gewalt, weder Gegenwärtiges, noch Zukünftiges, weder Hohes, noch Tiefes, noch keine andre Creatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo JEsu ist, unserm HErrn. – Wer will uns scheiden? – wer will verdammen? – Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein? – Der Friede Gottes bewahrt uns Herzen und Sinne in Christo JEsu!


 Theure Freunde und Brüder. Die Adventszeit schließt. Die Vorbereitung auf Weihnachten geht zu Ende. Maria geht nach Bethlehem. Der Himmel stimmt seine Harfen. Der Geburtstag des Erlösers der Welt ist vor der Thür. Bald singt der selige Chor aus allen Lüften: Friede auf Erden! Friede Gottes sei mit Euch zum Beginne des hohen Festtags. – Es ist Friede: keiner sorge. Feget die Sorge aus, wie der Jude vor dem Passah den Sauerteig. Leget betend alle eure Sorgen nieder. Wenn die Krippe des Erlösers ins Licht gestellt wird, ein solcher Beweis der Huld und Gnade Gottes, braucht es keine Sorgen mehr. Selbst die Sorge und Furcht vor dem Richter der Welt und seinem Advent geht in den Jubel Seiner Geburtsnacht über! – Lob und Preis und Dank, Harfe und Posaune werde bereitet und die Fülle des Lobes und Dankes ertöde alle Qual der Sorgen! – Allen Menschen werde Eures Herzens Genüge, Zufriedenheit, Güte und Lindigkeit kund. Schenket den Schuldnern, gebet den Armen, brecht den Hungrigen das Brot, die Nackten kleidet, die Verlaßenen führet ins Haus, den Feinden verzeihet, vergeltet Böses mit Gutem, sammelt feurige Kohlen auf den Häuptern der Beleidiger, stiftet allenthalben Friede und habt Geduld mit den Schwachen und zagen Brüdern, die Euch und Eure Schritte hemmen. – Das wirke in Euch die Freude an Dem, der in die Krippe kommt, und der oben kommen wird in des Himmels Wolken. Und die Freude, die ihr habet, werde überwogen von der, welche ihr haben werdet – wenn unser Festtag kommt und mit der eintreffenden Zeit die seligsten Erinnerungen freudenvoller auf unsre Seele wirken.

Freuet euch in dem HErrn allewege,
Und abermal sage ich euch: Freuet euch!
HErr JEsu! Amen.



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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 036. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/43&oldid=- (Version vom 1.8.2018)