Seite:Wilhelm Löhe - Epistel-Postille.pdf/368

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

 Es bleibt 3) der Friede, der Friede Gottes in Christi Blut, – der Friede, den wir haben, so lange wir glauben, und manchmal inne werden, wenn wir glauben. Oder ist es nicht wahr, daß es noch Menschen gibt, die Ruhe und Zuversicht, Hoffnung und Freude haben, wenn alles sich verwirrt und die Welt zum brausenden, brandenden Meere wird. Und ist das nicht von Ihm, vom Geiste des HErrn? Ist das nicht Pfingsten – wunderbar, wie jenes erste? Oder darf man sagen, wunderbarer! Denn wir selber haben doch keinen Frieden, noch eine Friedenszuversicht.

 Es bleibt endlich 4) der Gehorsam Vers 23, der Gehorsam des Glaubens, der unter jedes wunderbare Gotteswort menschliche Sinne und Vernunft im Glauben beugt, – der Gehorsam des Gebotes, der uns Freude eingibt, Seinem Willen, unserer Heiligung, nachzujagen. – – Und wo der Gehorsam bleibt, da bleibt ja die Liebe, denn die Liebe ist ja Gehorsam, Neigung zu Ihm, Beugung vor Ihm. – Und wo die Liebe ist, da ist ja Seines Kommens, Seiner Einwohnung Bedingung, die Bedingung der heimlichen Vermählung mit Ihm gegeben, der Anfang und Fortgang eines unaussprechlichen, vor der Welt verborgenen, ewigen Lebens.

 Hast du genug an diesem Pfingsten? Glaubst du, daß Gottes Wort, des Geistes Erinnerung, des Geistes Friede, des Geistes Früchte – geistlicher Frühling und Pfingsten heißen dürfen? – Lehrer, Tröster, HErr, heiliger Geist, lehre uns und bewahre in uns zu seliger Erinnerung Deine Lehre! Friedlicher Geist des HErrn JEsu, wirke nur Frieden, den die Welt nicht gibt, noch nimmt! Du Geist, der alles fruchtbar macht, laß uns nur lieben und leben und Früchte bringen für Dein ewiges Reich! So ists ja Pfingsten, immer Pfingsten! So ist ja Pfingsten aller Feste Krone und Vereinigung!


II.
Joh. 14, 23–31.

 SO jemand Mich liebet, der wird Mein Wort halten, – und Mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu Ihm kommen und Wohnung bei Ihm machen.

 Großes Pfingstwort! Kann man es denn unterlaßen, an eine andere Stelle zu denken, sie daneben zu schreiben und zu lesen? „Siehe, so schreibt St. Johannes Offenb. 21, 3, siehe, eine Hütte Gottes bei den Menschen, und Er wird Sein Gezelt unter ihnen aufschlagen, bei ihnen wohnen, und sie werden Seine Völker sein, und Er, der Gott mit ihnen, (der unter ihnen wohnen wird), wird ihr Gott sein.“

 Wenn das eintreffen wird, dann wird Pfingsten sein, ein Pfingsten, von welchem die hohe Begebenheit, deren Andenken wir heute feiern, nur ein Anfang genannt werden kann. Das erste Pfingsten zu Jerusalem weist auf das ewige Pfingsten, und ist selbst ein Pfand und Angeld, daß es auch noch zu diesem kommen wird.

 Es spiegelt sich aber im Anfang bereits das vollkommene Ende. Die erste Gemeinde, welche am Pfingstmorgen wartend versammelt war, liebte sie etwa JEsum nicht, hielt sie nicht Sein Wort im Gedächtnis, im Glauben, in treuer Uebung? Was war ihr Warten in Jerusalem anders als Lieben und Hangen an Seinem Worte? Darum liebte sie der Vater, wie ihnen Christus schon vorher gesagt hatte: „Er Selbst, der Vater, hat euch lieb.“ Darum kam auch im Brausen, unter den Feuerzeichen vom Himmel, mit dem Geiste der Vater und der Sohn, und die heilige Dreifaltigkeit schlug, wenn auch nicht in der vollen und sichtbaren und ewigen Glorie, wie Offenb. 21, 3 – sie schlug doch geistlich ihre Wohnung in der Gemeinde auf. Wer aber den HErrn bei sich hat, daß er bei Ihm wohnt, wie in der Stiftshütte im Lager Israels, der ist geborgen und glücklich, auch wenn das Meer der Welt brandet und braust.

 Es ist auch mit jeder einzelnen Seele gleich also. Liebe JEsum, – halte Sein Wort, – so bist du ein Liebling des Vaters, – so gibts eine Heimsuchung, ein himmlisches Besuchen, der Dreieinige wird um

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/368&oldid=- (Version vom 1.8.2018)