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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres

Glauben in guten Werken beweisen. Wir sind unnütze Knechte, wenn wir alles gethan haben, denn was ist unser Alles? Aber seien wir auch unnütze Knechte, so haben wir, wenn wir, ich sage nicht alles, aber doch in der Kraft des Glaubens vieles thun, eine wachsende Freudigkeit zu Gott, weil uns unser Herz weniger verdammt, und es wird uns nach St. Petri Zeugnis (2 Petri 1, 11) reichlich gegeben der Eingang in das ewige Reich, wenn wir im Guten nicht faul noch träg sind. Der HErr aber zeigt denen die Offenbarung Seines Angesichtes, die in der Heiligung vorwärts streben, und macht die Herzen, die da rein werden, fähig und tüchtig, das klare Meer Seines ewig guten Willens und Wesens zu erkennen.


 Zwar ist es wahr, meine lieben Brüder, daß die hohen Lehren vom Kampfe im ersten Theil unsrer Epistel durch den oben aufgezeigten Zusammenhang an allgemeiner Kraft und Anwendung zu verlieren scheinen, daß ihre Waßer in ein schmäleres Bett treten. Aber es ist dennoch dieselbe Waßermaße und sie drängt sich in den Ufern der speciellen, textgetreuen Anwendung nur desto tiefer, wie zwischen Bergen hindurch. Auch die Mannigfaltigkeit des zweiten Theiles der Epistel scheint durch die Herrschaft des Hauptgedankens zurückgedrängt zu werden; aber es geht doch kein Gedanke verloren. Dabei haben wir bei unsrer Weise der Betrachtung doch den einen Gewinn, daß uns der rechte Arbeiter im Weinberg in St. Pauli Beispiel, der Schalksknecht aber, der seines HErrn Pfund nicht blos im Schweißtuch vergräbt, sondern gar veruntreut, im Volke Israel vor Augen tritt, jener zur Nachahmung, dieser zur Warnung. Und weil wir solches wißen, so laßt uns an unsrem Theile an den Abend denken, an den Schaffner, an den Gnadenlohn, und zulaufen in Geduld, so lang die Laufbahn noch währt, und kämpfen mit Muth, bis es keine Feinde mehr gibt, und aufsehen auf den Anfänger und Vollender des Glaubens, unsern HErrn JEsus, dem wir nachwandeln, und der zu treuen Knechten die edlen Worte spricht: Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn. –

 Mehr als alle Deine Gaben, als jeder Gnadenlohn, bist Du, o HErr, unsern Seelen. Sei und werde Du, o großer Geber, unsre beste Gabe, unser größter Lohn. – Amen.




Am Sonntage Sexagesima.

2. Cor. 11, 19 – 12, 9.
19. Denn ihr vertraget gerne die Narren, dieweil ihr klug seid. 20. Ihr vertraget, so euch jemand zu Knechten macht, so euch jemand schindet, so euch jemand nimmt, so euch jemand trotzt, so euch jemand in das Angesicht streichet. 21. Das sage ich nach der Unehre, als wären wir schwach geworden. Worauf nun jemand kühn ist (ich rede in Thorheit), darauf bin ich auch kühn. 22. Sie sind Ebräer, ich auch. Sie sind Israeliter, ich auch. Sie sind Abrahams Same, ich auch. 23. Sie sind Diener Christi (ich rede thörlich); ich bin wohl mehr. Ich habe mehr gearbeitet, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin öfters gefangen, oft in Todesnöthen gewesen. 24. Von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Streiche weniger eins. 25. Ich bin dreimal gestäupet, einmal gesteiniget, dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, Tag und Nacht habe ich zugebracht in der Tiefe (des Meeres). 26. Ich habe oft gereiset: ich bin in Gefahr gewesen zu Waßer, in Gefahr unter den Mördern, in Gefahr unter den Juden, in Gefahr unter den Heiden, in Gefahr in den Städten, in Gefahr in der Wüste, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter den falschen Brüdern; 27. In Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße. 28. Ohne was sich sonst zuträgt, nemlich, daß ich täglich werde angelaufen und trage Sorge für alle Gemeinen, 29. Wer ist schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert, und ich brenne nicht? 30. So ich mich je rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen. 31. Gott und der Vater unsers
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Wilhelm Löhe: Epistel-Postille für die Sonn- und Festtage des Kirchenjahres. Samuel Gottlieb Liesching, Stuttgart 1858, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Epistel-Postille.pdf/157&oldid=- (Version vom 1.8.2018)