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schwachen Zeit, wie die unsrige ist, gegenüber einem solchen Helden und solchen Thaten. Seitdem traute ich der Subjectivität der Geschichtschreiber nicht, und oft gerade dann am wenigsten, wenn sie das größte Vertrauen in Anspruch nahmen und die Genesis einer Geschichte vom Keim bis zur Frucht entwickelten; ich sah wohl, daß es dieser Kunst und Tugend der neuen Zeit wie jeder Tugend gieng; denn die nächste Anwohnerin einer jeden Tugend ist die entgegengesetzte Schwachheit, in die sie überschlägt.

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 Sie wißen, verehrte Freunde, mit was für einem Hohne zuweilen ein Wort von mir aufgenommen wird, und Sie werden sich daher nicht wundern, wenn ich, wie durch eine weissagende Hallucination des Gehörs, die höhnende Stimme meiner Gegner vernehme: „Also sollen die Rosenmonate die richtige Geschichtsbetrachtung zeigen, und wenn die schwarze Maria am Jordan Wunder thut, oder die Nachtgesichte Theodots, des Schenkwirths, erzählt werden, so werden die Historiker Deutschlands von dem Dettelsau her belehrt, wie man die Erzählungen des Alterthums erzählen und auffaßen müße!“ Ich denke nicht nöthig zu haben, auf solchen Hohn zu antworten. Es ist mir nicht eingefallen, die richtige Auffaßung geschichtlicher Personen und Thatsachen in den Rosenmonaten an Beispielen zu zeigen, oder meine Arbeit für nachahmenswerth auszugeben. Ich wollte nur sagen, warum ich nicht der gewöhnlichen Geschichtsbetrachtung folgte, und bin zufrieden, wenn an die Stelle meiner Verkehrtheit die rechte Betrachtungsweise tritt, die leidenschaftlose,