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„Am persischen Bazar“: Zur Tangzeit war China in lebhaftem Verkehr mit dem Westen, dessen Spuren eben gegenwärtig in Zentralasien erforscht werden. Persische Bazars waren damals in der Hauptstadt, dem heutigen Si-An-Fu in Schensi, keine Seltenheit.

„Kräuterofen“: Ein Dreifußkessel zum Brauen des Lebenselixiers. Darauf haben auch die Feen, der Drache und Tiger – beides Sternbilder – Bezug. Der Meister bedarf zur Herstellung des Elixiers unbedingter Standhaftigkeit. Daher hat er sich den Du Dsï Tschun durch seine Wohltaten verpflichtet. Die gelbe Mütze, die der Meister trägt, hat Beziehung zu den Lehren des Gelben Alten, vgl. Nr. 15.

Der Höllenfürst Yän Wang oder Yän Lo Wang ist der indische Yama. Es gibt im ganzen zehn Höllenfürsten. Der fünfte ist der höchste und gefürchtetste. Über die Details der chinesischen Höllen vgl. auch das folgende Märchen.

„Verstocktheit“: Wörtlich: sein Verbrechen ist Verheimlichung. Diese gehört dem Yin- oder dunklen, weiblichen Prinzip an. Daher die Auswirkung dieser Geistesart zu seiner Wiedergeburt als Weib führt.

„Aus dem Ofen schlugen purpurne Flammen heraus“: Während Du Dsï Tschun die übrigen Gefühlsregungen bemeistert hatte, so daß ihm Furcht und Schreck nichts anzuhaben vermochten, war als letzter Rest die Liebe, und zwar in ihrer höchsten Form als Mutterliebe, zurückgeblieben. Diese Liebe erzeugt die Flammen, die das Gebäude zu verzehren drohen. Das Höchste im Taoismus – ebenso wie im Buddhismus – ist aber die vollkommene Ertötung aller Gefühle.

43. Wie einer den Höllenfürsten beschimpfte. Quelle: Schauspiel.

Yüo Fe gehört noch heute zu den populärsten Helden der Geschichte. Um 1127 hatten die Gin-Tartaren die ganze kaiserliche Familie des Sunghauses gefangen genommen. In der Hauptstadt Kaifongfu entstand Aufruhr. Prinz Kang entfloh. Da sah er ein Pferd am Wegrand grasen. Er setzte sich darauf. Es schwamm mit ihm durch den Yangtse und rettete ihn so. Als er in Sicherheit war, fiel das Pferd um, und es zeigte sich, daß es aus Ton war. Der Prinz machte nun Hangdschou zu seiner Hauptstadt und begründete die südliche Sungdynastie.

Unter den Gefangenen am alten Kaiserhofe war auch der Minister Tsin Gui gewesen. Er ward von dem Herrscher der Gin in geheimem Einverständnis zurückgeschickt, und es gelang ihm und seiner Frau, den tapferen und edlen Yüo Fe zu Tode zu bringen, 1141. In Hangdschou, aber auch sonst allenthalben im Reich, finden sich bis auf den heutigen Tag Tempel des Yüo Fe. In deren Vorraum sind eiserne Statuen von Tsin Gui und der Langzunge (Me Ki Siä) angebracht in kniender Stellung, die von den Tempelbesuchern beschimpft und tätlich insultiert werden.

Die Höllenschilderungen entsprechen ganz den volkstümlichen Anschauungen, wie sie in den Höllendarstellungen in den Stadtgotttempeln der Kreisstädte Nahrung finden.

Fünfter Höllenpalast: Wie oben schon erwähnt, ist der Fürst der fünften Hölle (Yama) der höchste der Totengötter. Seine Kleidung

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Richard Wilhelm: Chinesische Volksmärchen. Eugen Diederichs, Jena 1914, Seite 396. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_ChinVolksm_396.jpg&oldid=- (Version vom 1.2.2020)