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Gleichungen, welche Eigenschaften der umkehrbar wirkenden Naturgesetze darstellen sollen, und die bei gewissen mathematischen Umformungen sich nicht ändern.

Herr Kretschmann hat verlangt, daß die in der Unabhängigkeit von diesen Umformungen ausgedrückte Relativität notwendig und bei jedem Ausdruck für die Naturgesetze eintritt während sie bei der allgemeinen Relativitätstheorie nur möglich ist. Er nennt deshalb die Einsteinsche allgemeine Relativitätstheorie eine Absoluttheorie[1]. Hiermit ist schon gesagt, daß sehr verschiedene Bezeichnungen für das, was wir Relativitätstheorie nennen wollen möglich sind. Ob eine Form der allgemeinen Relativitätstheorie durchführbar ist, welche der Kretschmannschen Forderung genügt, ist fraglich. Die spezielle Relativitätstheorie genügt ihr.

Nun hat Einstein die Grundlagen seine allgemeine Relativitätstheorie in folgenden Grundsätzen aufgestellt[2].

  1. Relativitätsprinzip: Der Ausdruck der Naturgesetze bleibt gewissen mathematischen Umformungen gegenüber unverändert.
  2. Trägheit und Schwere sind wesensgleich (Grundlage der sogenannten allgemeinen Relativitätstheorie); ferner: die Maßverhältnisse des Raums, das Trägheitsverhalten und die Schwerkraft sind durch denselben Zustand im Raume bedingt.
  3. Dieser Zustand wird nur durch die Massen der Körper bestimmt.

Wir sehen hieraus, daß der Einsteinschen Theorie mehr enthalten ist als durch die Relativitätsforderung ausgesprochen wird. Aber selbst auf diese Weise ist das System der Gleichungen der Theorie noch nicht vollständig bestimmt. Einstein selbst hat seinen Gleichungen ein Zusatzglied angefügt, das die Forderung des Relativitätsprinzips unberührt läßt, aber gestattet eine endliche in einem sphärischen Raume befindliche Materie anzunehmen, die das Weltall bilden soll (vgl. [3]).

Wenn schon hieraus hervorgeht, daß die allgemeine Relativitätstheorie nicht die Abgeschlossenheit besitzt wie die spezielle, an der nichts zu ändern ist, die man nur annehmen oder verwerfen kann, so wird das noch deutlicher, wenn man an die Weiterbildungen der allgemeinen Relativitätstheorie denkt, wie sie z. B. von Weyl[4] gemacht sind. Während bei Einstein Geometrie, Zeit,


  1. [36] 13) E. Kretschmann, Über den physikalischen Sinn der Relativitätspostulate, A. Einsteins neue und seine ursprüngliche Relativitätstheorie, Ann. d. Phys. 53, S. 576 1917.
  2. [36] 14) A. Einstein, Prinzipielles zur allgemeinen Relativitätstheorie, Ann. d. Phys. 55, S. 241 1918.
  3. [35] 11) A. Einstein, Berl. Berichte 1917, S. 142.
  4. [36] 15) H. Weyl, Gravitation und Elektrizität, Berliner Ber. 1918 S. 465.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Wien: Die Relativitätstheorie vom Standpunkte der Physik und Erkenntnislehre. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1921, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WienRel.djvu/20&oldid=- (Version vom 1.8.2018)