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wird so angenommen, daß das Ergebnis des Versuchs ein negatives sein muß.

Die Abhängigkeit der Länge eines Maßstabs von der Geschwindigkeit genügt indessen noch nicht um das Relativitätsprinzip für gleichförmige Bewegungen allgemein durchzuführen. Auch die Zeitmessung muß von der Geschwindigkeit abhängen, so daß für einen ruhenden Beobachter eine Uhr einen anderen Gang hat, wenn sie sich bewegt. Diese Annahme muß gemacht werden um die Möglichkeit auszuschließen, eine absolute Bewegung durch die Beobachtung von Zeitsignalen festzustellen. Trotz der Einführung so merkwürdiger Annahmen, wie der Abhängigkeit der Länge eines Maßstabs und des Ganges einer Uhr von der Bewegung durch den Raum, ist die Relativitätstheorie, die man als die spezielle bezeichnet, ziemlich allgemein angenommen, weil sie durch die Erfahrung bestätigt ist. Nicht nur die Unmöglichkeit, die absolute Bewegung nachzuweisen, spricht für sie. Auch die Beobachtungen der Ablenkung sehr schneller Elektronen stimmen mit ihr überein.

Man kann, um zu solchen Ergebnissen zu gelangen, die Theorie in der Weise aufstellen, daß man fordert, daß alle Naturgesetze in einem bewegten System für einen mitbewegten Beobachter genau dieselben sein sollen, wie in einem ruhenden System für einen ruhenden Beobachter. Die Erfüllung dieser Bedingung ist an bestimmte mathematische Operationen[1] gebunden, und das Ergebnis ist dieses, daß ganz allgemein der Einfluß festgestellt wird, den die Bewegung auf irgendwelche physikalische Vorgänge hat.

Ein wesentliches Ergebnis dieser Relativitätstheorie ist die Unmöglichkeit eine größere Geschwindigkeit zu beobachten als die Lichtgeschwindigkeit. Die Verkürzung des Maßstabs durch die Bewegung ist nämlich eine solche, daß seine Länge bereits verschwindend klein wird, wenn die Geschwindigkeit die Lichtgeschwindigkeit erreicht. Würde diese überschritten werden, so erhielt man eine negative Länge, was physikalisch sinnlos wäre.

Will man einem schweren Körper eine sehr große Geschwindigkeit erteilen, so macht sich die Lichtgeschwindigkeit in der Weise geltend, daß es für einen bestimmten Geschwindigkeitszuwachs


  1. [32] 5) Nämlich die Lorentztransformation. (Vgl. 1).
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Wilhelm Wien: Die Relativitätstheorie vom Standpunkte der Physik und Erkenntnislehre. Johann Ambrosius Barth, Leipzig 1921, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WienRel.djvu/10&oldid=- (Version vom 1.8.2018)