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DIE BEDEUTUNG HENRI POINCARÉ’S FÜR DIE PHYSIK.
von
W. WIEN
in Würzburg.


Der Tod Henri Poincaré’s hat nicht nur für die Mathematik sondern auch für die Physik einen schweren Verlust bedeutet. Gehörte er doch zu den wenigen Mathematikern, die an der alten Tradition festhielten, dass die beiden Wissenschaften enge zusammengehören und ihre Anregungen von einander empfangen müssen. So hatte er nicht nur grosses Interesse und tiefes Verständnis für die Physik, sondern hat sich auch in sehr ausgedehntem Masse selbst an der Weiterbildung der physikalischen Theorien beteiligt. Die folgenden Zeilen sollen einer Würdigung dieser Leistungen gewidmet sein.

Zum ersten Male hat Poincaré in die Physik eingegriffen, als er nachwies, dass H. Hertz in der grundlegenden Arbeit über elektrische Schwingungen einen Rechenfehler begangen hatte, durch den die Schwingungsdauer infolge eines unrichtigen Faktors 2 im Werte der Kapacität im Verhältnis zu gross berechnet war. Die Geschwindigkeit der Wellen war hienach zu klein gefunden, was auf den Gang der Hertz’schen Versuche von entscheidendem Einflusse gewesen ist. Seine weiteren Untersuchungen über Hertz’sche Wellen betrafen die Methoden, um die Frequenz des elektrischen Oscillators zu berechnen und die Einflüsse zu bestimmen, durch die die Schwingungsperiode geändert wird.

Dann hat er sich weiter an der Theorie der Hertz’schen Wellen beteiligt, indem er zuerst die Dämpfung der Primärschwingungen in richtiger Weise auffasste. Er widerlegte damit die Theorie von Sarasin und de la Rive von der multiplen Resonanz. Seine Theorie ist dann später von Bjerknes bestätigt worden. Auch die Ausbreitung der elektrischen Wellen längs geraden Drähten hat Poincaré behandelt und die dabei auftretende räumliche Dämpfung geschätzt und im Anschluss hieran die Reflexion an dem Ende eines Drahtes behandelt. Für die

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Wilhelm Wien: Die Bedeutung Henri Poincaré’s für die Physik. Acta mathematica, 38, Stockholm 1921, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:WienPoincar%C3%A9.djvu/1&oldid=- (Version vom 1.8.2018)