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201. Der Brand von Bischofswerda am 22. April 1671.

Es war am Karfreitag im Jahre 1671. Man schrieb den 22. April. Verschiedene Bürger Bischofswerdas waren damit beschäftigt, „Oster-Fladen,“ eine besondere Kuchenart, die man zur Osterzeit liebte, zu backen. Auch im Hause des Leinewebers Johann Förster, der in der Bautzener Gasse wohnte, buk die Hausfrau am Karfreitag Nachmittag schmackhafte Osterfladen. Infolge des schadhaften Ofens entstand aber in diesem Hause Feuer. Der Backofen hatte oben einen Riß gehabt. Ueber dem Backofen lag nun eine hölzerne Treppe. Diese kohlte an. Heimlich glimmte das Feuer weiter. Niemand hatte eine Ahnung davon. Früh zwischen 1 und 2 Uhr brachen die Flammen plötzlich durch. Bei der großen Dürre, die Wochen hindurch geherrscht hatte, „auch weiln das Volk im ersten Schlafe gelegen,“ breitete das Feuer sich rasch aus. Dasselbe griff so schnell um sich, daß man es leider nicht mehr ersticken konnte. In kurzer Zeit brannte das betreffende Haus über und über, und der Schreckensruf: „Feuer! Feuer!“ schreckte die Bewohner aus dem tiefsten Schlafe. Taghell war die Nacht gelichtet, und alles eilte erschreckt nach der Brandstätte. Das Feuer nahm bald eine große Ausdehnung an. Nach einer halben Stunde standen sämtliche Häuser der Bautzener Gasse in Flammen. Das Feuer ergriff auch die Häuser der Rosen Gasse, der Neu Gasse und der Kirch Gasse. Letztere brannte nach unten zu bis an das „Meister-Haus“ und nach oben hin bis an die Schule nieder. Die Schule war abermals in großer Gefahr wie 30 Jahre vorher, aber der steinerne Giebel bewährte sich auch diesmal wieder. Er trotzte den wütenden Flammen und gebot ihnen ein „Halt“. Auf ihm, sowie auf dem Hause des Samuel Böhme, hatten einige beherzte Männer Platz genommen und gossen nach allen Seiten Wasser. Das verhinderte die weitere Ausbreitung des Feuers. –

Markt in Bischofswerda um 1830.

Die stattliche Stadtkirche, welche bei dem Brande 1641 erhalten blieb, wurde bei diesem Feuer arg beschädigt. Das Kirchendach mit dem Turme brannte nieder. Die herrlichen Glocken schmolzen.

Innerhalb drei Stunden waren wieder 119 Wohnhäuser ein Raub der Flammen geworden, außerdem noch 2 Torhäuser, 4 Brauhäuser, 8 Malzhäuser

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 477. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_477.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)