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123. Der Burgberg bei Neukirch.

Das zweite Dorf, welches wir auf einer Wanderung von Königsbrück nach Kamenz erreichen, ist das Kirchdorf Neukirch, das eine Stunde in nordöstlicher Richtung von der erstgenannten Stadt entferntliegt. Die Landstraße durchkreuzt das südliche Ende des Dorfes in unmittelbarer Nähe der Kirche. Ungefähr 100 Schritte westlich von der Kirche und Pfarre zu Neukirch erhebt sich ein Hügel. Er wird als der Birken- oder Burgberg bezeichnet und soll in früheren Zeiten eine stattliche Burg getragen haben. Es ist von derselben freilich nichts mehr zu sehen. Die Trümmer sind vollständig verschwunden. Wie alte Leute berichteten, hätten beim Aufbau der Kirche zu Neukirch die Burgreste Verwendung gefunden. Im Innern des Berges liegen aber nach der Sage noch große Schätze vergraben, und der glückliche Finder könnte unermeßlich reich werden, wenn er nur den Zauberspruch wüßte, mit dessen Hilfe die verborgene Türe in das Innere des Berges sich öffnet. – Der Burgberg bei Neukirch bietet eine schöne Aussicht. Nach Osten zu erblickt das Auge die Schwosdorfer Berge, nach Süden hin den Keulen- oder Augustusberg. Nach Norden und Westen zu reicht der Blick stundenweit.


124. Cosel.

Gegen drei Stunden nördlich von Königsbrück entfernt liegt das ungefähr 250 Einwohner zählende Dörfchen Cosel. Seine Umgebung bilden ausgedehnte Kiefernwaldungen und stattliche Teiche. Wer die stille, poesievolle Heide und ihre schlichten und biederen Bewohner liebt und versteht, der wird sich hier in dieser Waldeinsamkeit recht wohl fühlen. – Cosel wird umgrenzt von den Fluren der Nachbarorte Schwepnitz, Deutsch-Zeißholz, Grüngräbchen, Wendisch-Sella, Grünewald und Lipsa. Ein munteres Bächlein, das Schwarzwasser genannt, durchfließt den Ort. An seinen Ufern finden wir manch stimmungsvolles Landschaftsbild.

Unter den Gebäuden des waldumschlossenen Dörfchens Cosel hebt sich das schmucke Rittergut hervor, zu dem schöne Waldungen und umfangreiche Karpfenteiche gehören. Schon im Jahre 1670 wird das Rittergut Cosel genannt. Damals verkaufte es Caspar Gotthard von Minkwitz an die Standesherrschaft Königsbrück. Bei derselben verblieb es über 100 Jahre hindurch, bis es 1789 durch Erbteilung an Jakob, Graf von Redern und 1803 durch Verkauf an den Oberamtsadvocat Glauch kam. Von diesem ging es in den Besitz seiner Tochter und deren Gemahl, dem Fabrikherrn Ernst August Pietsch in Chemnitz, über.

Zu Sachsen kam Cosel erst im Jahre 1818, die Freude hierüber war so groß, daß die damaligen Bewohner beschlossen, die im Jahre 1795 wegen Baufälligkeit abgebrochene Kapelle neu aufzuführen, und am 50 jährigen Regierungs-Jubiläumstage des Königs Friedrich August des Gerechten

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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_277.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)