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Waffen waren, sich beritten machten u. mit Gewehren versahen. Nach geschehener Conjunction ging Abends den 31. Juli der Marsch nach Bischofswerda, wohin unsere Parteigänger um Mitternacht kamen. Sie wurden ungerne, doch endlich auf Zureden des Amtsschreibers Sebastian Kotten, welcher dabei war, eingelassen, bekamen einen Labetrunk, hielten sich nicht länger als zwei Stunden auf und nahmen hierauf ihren Lauf und Rückweg über Groß-Harthau. Kaum waren sie weg, zog der Feind, welcher Nachts über in Putzkau einquartiert hatte, ein u. erfuhr alles, wie stark die Unsrigen gewesen u. daß von hiesiger Bürgerschaft sich einige als Voluntairs dabei hatten gebrauchen lassen. Der Feind war schon lange auf Stolpen böse gewesen, denn er mußte sich manchmal von den Unsrigen plündern lassen, die Amtsuntertanen wollten nach Bautzen nichts mehr contribuieren, hielten auf den Bergen fleißig Wache, u. wenn sich etwas blicken ließ, trieben sie ihr Vieh sogleich anher unter die „Stücken“ (Kanonen). Daher soll auch, was Stolpen anlangt, das in hiesiger Gegend im vorigen Jahrhunderte u. noch später nicht unbekannte Reimchen entstanden sein:

Von Stolpen kommt der Wind,
Zur Neustadt haben sie’n Bock geschind’t,
Zur Sebnitz hängt man’s eigne Kind.

Denn von Stolpen aus gab man in die benachbarten Orte ungesäumt Nachricht, wenn etwas Verdächtiges vorfiel.

Daß die Croaten auch damals wider uns (Stolpen) etwas im Sinne hätten, ersieht man daraus, daß sie hatten tags vorher 5 Mann in deutscher Kleidung recognoscieren geschickt. Dieselben ließen einen Schmied vor’s Untertor kommen u. sich die Pferde beschlagen. Ein alter Mann stand Wache, mit dem scherzte einer im Ernst u. sagte: „Vater, wenn wir morgen wiederkommen werden, werdet ihr uns ja nicht aufhalten.“ Jetzo nun wuchs die Verbitterung, der schon gemachte Schluß ward confirmiert, auf hiesigem Theater sollte eine Tragödie gespielt werden, und hätten sich unsere zahmen Soldaten ertappen lassen, so würde ihrer nicht ein Gebein davon gekommen sein. Doch sie kamen in der Hauptsache mit unblutigen Köpfen wieder nach Hause u. gaben vor, es wäre von dem Feinde nichts zu hören u. zu sehen. Das machte den Bürgern einen guten Mut, daher man des Nachts beide Tore stark besetzt gehabt, ließ man nur eine Corporalschaft (denn in solche Corporalschaften war die Bürgerschaft eingeteilt) stehen. Es ließ sich ein heller, schöner Tag an, doch ach, wie dunkel und finster ward er hernach!

Viel Volk ging zu Felde u. schickte sich zur Arbeit. Es war auch schon ein Segen in die Scheunen eingebracht, da nahm man wahr, daß fremde Soldaten auf den Röhren[1] hin- und herritten. Das kam nun etlichen gar bedenklich vor, doch Sichere hatten kein Nachsinnen, man erfuhr aber hernach mit unüberwindlichem Schaden, daß die feindlichen Truppen in Georg Müller’s zu Lauterbach Grunde gehalten, welche ihr barbarisches Handeln also ausgeführt. Es waren etwa 600 Mann. Der Anführer war der Rittmeister Romhoff. Der Anfall geschah früh gegen 10 Uhr am Niedertore. Am Obertore war eine starke Wagenburg, dagegen war das Niedertor weniger stark verwahret. Dasselbe wurde alsobald aufgehauen, u. niemand widerstand. Wer einheimisch war u. laufen konnte, eilte mit Weib und Kind nach dem Schlosse.


  1. Wasserleitung gemeint.
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Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_144.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)