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und Constantin. Die aufgefundenen Münzen aus der Zeit des römischen Kaisers Augustus zeigten auf der einen Seite den Kopf des genannten Kaisers, auf der anderen Seite das Bild einer sitzenden und auf einen Stab sich stützenden Frau, daneben die Buchstaben S. C. (Senatus Consultu.) Die Münzen aus der Zeit des Kaisers Constantin zeigten auf der Vorderseite das Brustbild dieses Kaisers mit der Umschrift: „Constantinus Junior Nobilis Caesar“, auf der Rückseite zu beiden Seiten stehende, auf ihre Speere und Schilde gestützte römische Krieger in voller Rüstung mit der Umschrift: „Gloria Exercitus“. Zwischen den Kriegern waren zwei römische Kriegszeichen angebracht.

Über die hier gemachten Fundgegenstände hat Herr Rentamtmann Preusker eine besondere Schrift verfaßt mit dem Titel: „Beschreibung einiger bei Radeberg aufgefundenen Urnen mit unbekannten Charakteren. Halle 1828.“[Lit 1]

Münzen waren auch schon von dem Schloßmüller Senf am Schloßberge aufgefunden worden und zwar zu wiederholten Malen.

Das entdeckte unterirdische Gewölbe war ein Grabgewölbe und stammte noch aus den frühsten Jahrhunderten. Vielleicht hat es ehemals als Familienbegräbnis gedient. Praßer schreibt in seiner im Jahre 1869 verfaßten Chronik über das aufgefundene Grabgewölbe bei Radeberg folgendes:

„Man weiß wohl, daß die römischen Heere sowohl in den Zeiten vor, als nach Christi Geburt bis an die Elbe vorgedrungen waren; allein von einem Übergange derselben über dieselbe meldet die Geschichte nichts. Da sich jedoch die Römer nach den Niederlagen, die ihnen der Cherusker Hermann bereitet hatte, durchaus nicht auf die Dauer für überwunden ansahen, sogar von Zeit zu Zeit wieder festen Fuß in Deutschland gewannen, sich die Germanen tributpflichtig machten, und während ihrer Oberherrschaft Deutschland besetzt hielten; – ferner: obgleich die Römer Erbfeinde der Germanen waren, standen diese mit ihnen dennoch zeitweilig in gutem Einvernehmen und schickten z. B. ihre Jünglinge nach Rom, damit sie sich daselbst ausbilden sollten. Darum liegt es nicht fern, anzunehmen, daß die Römer wohl auch unter der Maske guter Freundschaft die zahlreichen Besuche der Deutschen in Rom hier erwiderten, indem ihnen ja dadurch die bequemste Gelegenheit geboten wurde, das Land und Volk auszukundschaften, um sich dadurch für spätere Kriege Vorteile zu sichern. Auch ist es wohl denkbar, daß einzelne Trupps von den jenseits der Elbe lagernden römischen Heeren herüberkamen, um unter dem Schutze von Wäldern und Schluchten, darin sie sich auch jene Gruft gebaut haben, ihren Kameraden einen Weg ausfindig zu machen.

Deshalb ist es nicht unbedingt nötig, daß man, wie Preusker meint, in der erwähnten Höhle eine Grabstätte der Deutschen erkennen muß, die solche nach römischem Schnitte anlegten, nach ihrer Gewohnheit, den Römern alles nachzuahmen. Mußten es ja auch nicht eben gefallene Helden, sondern es konnten im Frieden verstorbene Römer sein, die man daselbst bestattete; denn Schlachten und Kämpfe der Germanen mit den Römern diesseits der Elbe lassen sich geschichtlich nicht nachweisen.“ – (Praßer’s Chronik, Seite 29 u. 30.)

Das aufgefundene Grabgewölbe ist nach Preuskers Zeit leider der Vernichtung schonungslos preisgegeben worden. Es ist völlig verfallen, die Steine hat man hie und da verwandt, so daß das alte Grabgewölbe heute spurlos verschwunden ist. Heute würde es sicherlich eine Wallfahrtsstätte für Freunde des Altertums sein und zu den größten Sehenswürdigkeiten der Stadt Radeberg gehören. Nicht ausgeschlossen ist es aber, daß durch Zufall ein ähnlicher Fund am Schloßberge gemacht werden könnte. Hoffentlich werden dann einsichtsvolle Männer für Erhaltung desselben rechtzeitig Sorge tragen!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Karl Benjamin Preusker: Beschreibung einiger bei Radeberg aufgefundenen Urnen mit unbekannten Charakteren; nebst Nachrichten von einigen alterthümlichen Gegenständen dasiger Gegend. Friedrich Ruff, Halle 1828. (Mit 2 Steindruck-Tafeln.) Google
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 020. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Was_die_Heimat_erz%C3%A4hlt_(St%C3%B6rzner)_020.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)