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werden, da namentlich in der Baukunst der Rat eines erfahrenen Fachmannes niemals zu teuer bezahlt wird.

Nun wird aber von der Bauspekulation entgegnet werden, daß die breite Masse des Publikums mit den heutigen Leistungen der Baukunst zufrieden ist, daß sich die bereitgestellten Wohnungen sofort vermieten, und die Mieter sich in ihnen wohlfühlen. Diese Erscheinung erklärt sich aus dem Mangel an Geschmack, der sich heute ebenfalls als Feind einer guten Architektur erweist. Es gilt also, den künstlerischen Geschmack der Allgemeinheit zu vertiefen, die nicht alles gedankenlos hinnehmen soll, was heute als Architektur aufgetischt wird.

Zur Läuterung unseres Kunstgeschmackes ist aber in erster Linie die Pflege der künstlerischen Tradition notwendig. Alles Neue in der Kunst formt sich aus dem Alten. Wie in der Natur sich eines auf dem anderen aufbaut und nichts Sprunghaftes geschieht, so kann auch im Reiche der Kunst nur aus der Vergangenheit für die Zukunft geschöpft werden. Unser Kunstempfinden kann sich nur entwickeln durch die Betrachtung guter alter Bauwerke und die Versenkung in die Schönheiten der Natur und Kunst aller Zeiten. Erst wenn wir ein gefestigtes inneres Schönheitsgefühl besitzen, können wir den Bauaufgaben unserer modernen Zeit gerecht werden und sie so erfüllen, daß die Bauten ein Spiegelbild unserer Kultur mit allen ihren Erscheinungsformen werden.

Es ist gewiß kein Zufall, daß Frankreich, das Land des guten Geschmackes, auch die frühesten Denkmalpflegegesetze besitzt, und als das klassische Land der Denkmalpflege gilt. Es hat zuerst den kulturgeschichtlichen Wert der Baudenkmäler erkannt und ist in dem Denkmalschutzgesetze vom 30. März 1887 vorbildlich für die ganze moderne Denkmalschutzgesetzgebung geworden. Italien, das schon in der römischen Kaiserzeit und durch päpstliche Erlasse im Sinne der Denkmalpflege tätig war, folgte nach, und in Deutschland haben die meisten Bundesstaaten im letzten Jahrzehnt gesetzgeberische Maßregeln zum Schutze der Bau- und Naturdenkmäler erlassen. Das Königreich Sachsen hat am 10. März 1909 ein solches Gesetz erhalten.

Dieses Gesetz sieht nach § 3 in ähnlicher Weise wie das preußische Gesetz den Erlaß besonderer Ortsgesetze vor. Für die Stadt Dresden, die, wie wir gesehen haben,

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Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/86&oldid=- (Version vom 26.11.2024)