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Beide Gebäude verkörpern in ihrem Äußeren und der Bildung des Grundrisses so recht das Wesen des bürgerlichen Barockhauses. Die Stadt Dresden wird sich ein nicht hoch genug anzuschlagendes Verdienst erwerben, wenn es ihr gelingt, diese ehrwürdigen und prächtigen Wahrzeichen einer dahingeschwundenen hohen Stufe bürgerlicher Baukunst vor weiterem Verfall zu schützen.

Als Erzeugnis einer Schule, die sich die Architektur der vornehmen Palais George Bährs und Knöffels in der Moritz- und Landhausstraße zum Vorbild nahm, muß das Haus Neumarkt 10, jetzt Hôtel Stadt Rom, genannt werden. Dieses Gebäude zeigt den bürgerlichen Wohnhausbau in der höchsten Vollendung, es dürfte kaum in späterer Zeit ein Werk von gleicher Reife in Dresden angetroffen werden. Hasche erwähnt das Haus in seiner umständlichen Beschreibung Dresdens als Boick’sches Eckhaus am Kirchgäßchen. Es soll an der Stelle dreier abgetragener Häuser entstanden sein, was die sehr große Ausdehnung der Baustelle uns bestätigt. Erbaut wurde es nach Hasche im Jahre 1773 vom Mühleninspektor Richter.

Der Grundriß dieses Hauses ist von klarer und vornehmer Anordnung, die alle in damaliger Zeit an eine Wohnung zu stellenden Ansprüche in hervorragender Weise zu befriedigen weiß. Der Haupteingang liegt in der Mitte der am Neumarkt gelegenen Front, das breit angelegte Treppenhaus an der Kleinen Kirchgasse. Die Mitte des Gebäudes nimmt ein regelmäßig ausgebildeter länglicher Hof ein. Vor ihm liegt nach der Seite des Neumarktes ein umfangreicher als Diele ausgebildeter Vorsaal, von dem rechts und links Verbindungsgänge nach den Zimmern der Seitenfronten abzweigen. Die dem Vorsaal gegenüberliegende Seite des Hofes nimmt ein Zimmer ein. Die größeren Räume für Festlichkeiten und Wohnzwecke sind am Neumarkt und an der Moritzstraße angeordnet. Bei allen Zimmern liegen die Türen der Zwischenwände in der Nähe der Fenster und in einer Flucht, so daß die Tiefe der Räume besser ausnutzbar wird, und gleichzeitig die regelmäßige Türanlage eine bessere künstlerische Behandlung der Räume ermöglicht. Die beiden Eckzimmer sind je mit einem Erker ausgestattet. Neben der Treppe befinden sich die Küche und ein Zimmer für die Dienerschaft. Das Haus ist ohne Zweifel für mehrere Familien bestimmt

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Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/74&oldid=- (Version vom 25.11.2024)