Gewiß sind die Forderungen des Geschäftsverkehrs nach neuzeitlichen und zweckmäßig ausgestatteten Läden und einer wirkungsvollen Reklame durchaus berechtigt und anzuerkennen, aber es ist auch in diesen Dingen eine gewisse Grenze einzuhalten, die Auswüchse vermeidet und, indem sie die Geschäftsinhaber vor Übertreibungen und Überbietungen durch Reklame der Konkurrenz schützt, dem Geschäftsleben nur nützlich sein kann. Es ist sonach für erforderlich gehalten worden, durch ein zu erlassendes Ortsgesetz einen Schutz des der Allgemeinheit gehörigen künstlerischen Stadtbildes herbeizuführen und bauliche Veränderungen an hervorragenden Stellen der Stadt sowie Reklamen nach künstlerischen Grundsätzen zu regeln. Diese gesetzlichen Forderungen sollen durchaus nicht als Zwang empfunden werden, sie haben vielmehr die Aufgabe, erzieherisch zu wirken, um im Laufe der Zeiten auch in der Allgemeinheit ein gewisses Taktgefühl in solchen Dingen zu befestigen. Das Gesetz wird auf diese Weise in letzter Hinsicht den Zweck haben, sich selbst entbehrlich zu machen und kann gewissermaßen als Übergangsstufe zu einem höheren Bildungsgrade der Allgemeinheit angesehen werden.
Dresden sollte mit um so größerer Sorgfalt auf die Erhaltung des Rufes als altberühmte Kunststätte und schöne Stadt besorgt sein, da es seit Jahrhunderten in seiner Anlage, seinem Ausbau und seiner städtischen Verwaltung vorbildlich ist. Eine vorzüglich entwickelte Baugesetzgebung, deren Anfänge bis in das vierzehnte Jahrhundert reichen, hat die Architektur der Stadt auf eine große Höhe gebracht und die bürgerliche Baukunst in seltenem Maße gefördert. Nach den großen Feuersbrünsten, die Dresden mehrere Male heimsuchten und ganze Stadtviertel zerstörten, sind jedesmal neue Baubestimmungen erlassen worden, nicht nur im Interesse einer größeren Feuersicherheit, sondern auch zur Erzielung eines schönen Stadtbildes.
Die erste derartige Verordnung wurde nach dem Brande am 15. Juni 1491, der einen ungeheuren Schaden in der Altstadt anrichtete, erlassen. Sie bestimmte, daß die Eckhäuser durchgängig, die übrigen Häuser an den Straßen ein Geschoß hoch von Stein erbaut werden sollten. In späteren Jahren wurde diese Bauordnung dahingehend erweitert, daß alle Gebäude mit Ziegeln eingedeckt werden sollten. Die nach einem sehr regelmäßigen Plane, vermutlich unter dem Markgrafen Dietrich im Anfange des
Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/23&oldid=- (Version vom 12.11.2024)