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Neben dieser romantischen Strömung mit ihren gotischen Kunstidealen, die besonders in der Denkmalpflege zum Ausdruck kam, setzte in der Architektur eine klassizistische Bewegung ein, die sich ganz auf den Boden der Antike stellte und auf die gotische Baukunst mit Verachtung blickte. Sie wandte sich vom Klassizismus sehr bald der freieren italienischen Renaissance zu, die besonders von Semper in Süddeutschland vertreten wurde. Aber auch diese Stilrichtung gewährte keine dauernde Befriedigung. Man ging zur deutschen Renaissance über und gefiel sich am Ausgange des neunzehnten Jahrhunderts nach und nach in einer Wiederholung aller Stilarten, vom Barock bis zum Biedermeiertum. Über solchen Stiltreibereien wurde die eigentliche Zweckbestimmung des Bauwerkes ganz vernachlässigt; die Architektur entfernte sich mehr und mehr von den Bedürfnissen des täglichen Lebens und erstarrte in einem Formalismus, der alle lebendigen Keime der Kunst ersticken mußte.

Die auf diese Weise eintretende Verwirrung machte sich besonders in den gebildeten und bürgerlichen Kreisen sehr bald fühlbar. Kunst und Handwerk gerieten hier allmählich in einen Tiefstand, wie er schlimmer nicht gedacht werden konnte. Die Veränderungen im gesellschaftlichen Leben nach dem Ausgange der Revolution durch das Aufblühen neuer Stände waren auch für die Entwicklung der Kunst von einschneidender Bedeutung gewesen. Die sich jetzt aus anderen Elementen zusammensetzende bürgerliche Gesellschaft bewies in der Kunstbetätigung noch nicht den sicheren, im Laufe der Jahrhunderte geläuterten Geschmack, sie zeigte sich vielmehr in künstlerischen Dingen vollkommen urteilslos und unerfahren. Mit wenig Ausnahmen suchte der wohlhabende Bürger durch seine Kunst nur äußerlich zu wirken, er pflegte sie mehr seiner Umgebung zuliebe als ihres inneren Wertes wegen. Das kam in seiner Kleidung, seinem Schmuck, seinen Möbeln und Zimmern, besonders aber an seinem Hause zum Ausdruck. In dem Bestreben, sich nach außen ein möglichst hohes Ansehen zu schaffen, umgab sich der Bürgerstand mit den ihm überlieferten Resten einer längst verblichenen aristokratischen Kultur. Vergoldete Möbel mit Zierformen aus Schlössern der Barock- und Rokokozeit schmückten die viel zu prunkvoll ausgestatteten Räume bürgerlicher Wohnungen, zu denen breite Marmortreppen hinaufführten. Das Haus selbst hatte mehr das Aussehen eines

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Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/15&oldid=- (Version vom 27.11.2024)