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Walter Scott und Ludwig Tieck, widmen in ihren Erzählungen den Baudenkmälern früherer Zeiten oft seitenlange Betrachtungen.

In der Wiederherstellung und dem Ausbau mittelalterlicher Kirchen fand diese Art Denkmalpflege ihren sichtbaren Ausdruck. Sie verdichtete sich in Deutschland zu einer Aufgabe, gleichbedeutend vom patriotischen wie vom baukünstlerischen Standpunkte, der Vollendung des Kölner Domes. Ganz Deutschland sah mit größter Spannung der Wiederaufrichtung dieses glänzenden gotischen Baudenkmales entgegen, das als Symbol deutscher Einheit und Größe gefeiert wurde. Seine Baumeister waren in der Folgezeit tonangebend. Aus der Kölner Dombauhütte ging eine neugotische Schule hervor, deren Hauptvertreter Friedrich von Schmidt, der Erbauer des Wiener Rathauses, war. Fortan wurden in allen Ländern die größten Anstrengungen gemacht, die Gotik zu einer modernen Bedürfnissen entsprechenden Baukunst wiederaufleben zu lassen. Sie feierte in einer Reihe bedeutender Monumentalbauten große Triumphe, namentlich in England, wo die Architekten Barry und Pugin das neue Parlamentsgebäude ganz im gotischen Stile erbauten.

Aber bei aller Achtung vor solchen idealen Bestrebungen kann doch diese Art Denkmalpflege durchaus nicht vorbildlich genannt werden. Sie war mehr von wissenschaftlicher Gründlichkeit diktiert, als vom künstlerischen Geiste beseelt. Weitschweifige wissenschaftliche Abhandlungen, wie der berühmte „Dictionnaire raisonné d’architecture“ des kunstgelehrten Architekten Viollet-le-Duc sind das charakteristische Merkmal jener Zeit. Wie die gesamte Kunst war auch die Denkmalpflege des neunzehnten Jahrhunderts mehr historisch als künstlerisch. Der ethische Wert solcher Aufgaben wurde nicht im rechten Maße erkannt und gewürdigt. Man war noch nicht zu der Überzeugung gekommen, daß ein Nachschaffen im Geiste anderer Zeiten unmöglich ist, sondern glaubte es vielmehr besser zu verstehen als die einstigen Schöpfer der Denkmäler. So verfiel man in schwere Irrtümer. Im blinden Eifer ergänzte, überarbeitete und bemalte man die alten Bauten, die als Heiligtümer der Vergangenheit unangetastet bleiben sollten. So manche Restauration gereichte deshalb nur zum Schaden des Bauwerkes und wäre besser ganz unterblieben.

Empfohlene Zitierweise:
Walter Mackowsky: Erhaltenswerte bürgerliche Baudenkmäler in Dresden. Verlag von C. Heinrich in Dresden-N., Dresden 1913, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Walter_Mackowsky_Baudenkm%C3%A4ler.djvu/14&oldid=- (Version vom 9.11.2024)