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die Beibehaltung der Form bedeutungslos erscheinen, es wird dann doch nicht lange währen können, dass man auch die bedeutungslos gewordene Form selbst nicht weiter beachtet. Und in dieser Richtung muss schon das über die Zeit der vollen Entwicklung zurückreichende Lehnsverhältniss des Königs zu den Reichskirchen mächtigen Einfluss geübt haben.[1] Wie zuerst der Edle, dann der Graf, weiter der Herzog den Bischöfen die Hände zur Mannschaft bot, so setzte sich dieses Verhältniss endlich bis auf den Träger der Krone fort, war nun aber einer Einfügung in die Abstufungen des Heerschildes nicht mehr fähig; und mag die folgerecht aus der Lehre sich ergebende Niederung des königlichen Schildes durch die Form der Lehennahme vermieden sein, so musste das doch auch anderen Veranlassung bieten, nach Formen zu suchen, durch welche sich entsprechende Beschränkungen des lehnweisen Erwerbes umgehen liessen. Dazu kam nun, dass die grosse Bedeutung des fürstlichen Heerschildes sich schon im Laufe des dreizehnten Jahrhunderts verlor; die wichtigsten Vorrechte, welche durch ihn bedingt waren, die Theilnahme an der Königswahl und die Einwilligung bei allgemeinen Reichsangelegenheiten, geriethen in die Hände der Kurfürsten, für deren bevorzugte Stellung keinerlei mit dem Heerschilde zusammenhängendes Moment wirksam war;[2] und wenn man nun auch solche zu Königen wählte, welchen sogar die Vorbedingungen des fürstlichen Schildes fehlten,[3] so muss das Gewicht, das man ihm früher beilegte, doch schon sehr gemindert erscheinen. Und wenn im folgenden Jahrhunderte in dem kleinen Kaiserrechte ein Rechtsbuch entstehen konnte, welches vielfach mit dem Lehnwesen sich beschäftigend von den Verhältnissen des Heerschildes ganz absieht, alles Gewicht auf die unmittelbare Lehnsverbindung mit dem Reiche und die dadurch begründete Genossenschaft[4] legt, Fürsten und Dienstmannen auf eine Linie stellt, welches, indem es auch den Reichsbürgern volles Lehnrecht zugesteht,[5]

die frühere Gränze der Lehnsfähigkeit nicht einmal mehr als

  1. Vgl. oben S. 37 ff.
  2. S. 204.
  3. S. 30.
  4. S. 199.
  5. Kl. Kaiserr. 4, 1.
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Julius von Ficker: Vom Heerschilde. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1862, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Heerschilde_229.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)