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Kern, bei der Sache selbst geblieben.

Wie groß nun auch immer sein Geichick ist, in den alten Rittern und spanischen Granden den Humor freizumachen, so wendet er sich doch am liebsten der Gegenwart zu. Das kulturhistorische Interesse ist ja beim Kunstwerk schließlich nur eine Dreingabe und sollte nicht mit so großem Nachdruck betont werden, wie es gewöhnlich geschieht. Aber bei Oberländer darf man doch davon sprechen, daß er während der Jahrzehnte, die er bei den „Fliegenden Blättern“ an der Arbeit war, ein gutes Stück Kulturgeschichte von Süddeutschland festgehalten hat, und besonders dankbar muß ihm derjenige sein, der den allmählichen Wandel in den künstlerischen Anschauungen, wie sie um Ende des neunzehnten Jahrhunderts eingetreten sind, historisch zu entwickeln hat. Oberländer ist ihnen Schritt um Schritt gefolgt, nicht als einer, der sie mitgemacht hat, aber als ein aufmerksamer Beobachter. Es konnte nicht ausbleiben, daß er das Neue etwas weniger ernsthaft behandelte, als es zu nehmen war, aber auch hier zeigt sich nun wieder die Wärme seiner Empfindung und sein gesunder Takt. Er ist niemals schroff geworden. Das spürt man nie deutlicher, als wenn man die von ihm ja nicht herrührenden Unterschriften zu diesen Zeichnungen liest. Der Text ist oft beinahe aggressiv und wird heute wohl nicht immer so geistreich gefunden werden, als die Verfasser damals hoffen durften: aber Oberländers Zeichnungen bleiben frei von dieser Perfidie der Ignoranz, und indem er die Spitzen wegließ, hat er oft genug dann den Nagel auf den Kopf getroffen und das, was am jungen Most noch unvergoren und unschmackhaft war, richtig als solches gekennzeichnet. Die Qualität des Jahrgangs aber hat er nicht herabgesetzt.

Adolf Oberländer: Abend. Gemälde.

Ein Lieblingsgebiet, das Oberländer immer wieder behandelt, sind die großen wilden Tiere und die kleinen Menschenkinder. Naturalistische Treue gab er bei ihnen allen nicht, aber er gab vieles von ihrer Art, sich zu bewegen, besonders bei den Kindern von ihrer Art zu spielen und Unfug zu treiben, mit dem glücklichsten Sinn für das Intime. Hier ist es nun allerdings in erster Linie notwendig, die Originalzeichnungen, womöglich die ersten Skizzen zu sehen. In den Reproduktionen geht manches von dem Ursprünglichen verloren, obwohl er seit dem Jahre 1876, wo die Photographie bei den „Fliegenden Blättern“ als Hilfsarbeiterin eingeführt

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Karl Voll: Adolf Oberländer. Westermann, Braunschweig 1905, Seite 816. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Voll_Adolf_Oberl%C3%A4nder.djvu/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)