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Walther Kabel: Verwilderte Haustiere. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 5, S. 222–225

Tiere waren grau gefärbt und der Kater ein selten kräftiges, schönes Exemplar seiner Gattung. Zu meinem Bedauern stellte ich eines Tages jedoch fest, daß die beiden Katzen ihre Jagdleidenschaft nicht nur durch Vertilgen von Mäusen und Ratten zu befriedigen suchten, sondern ihre Streifzüge auch auf die Felder und die zu meinem Besitz gehörenden weiten, zum Teil undurchdringlichen Forsten ausdehnten, wobei sie dann oft wochenlang von Hause fernblieben. Nachdem ich verschiedentlich beobachtet hatte, wie ihnen bei diesen Streifereien Junghasen und junge Fasanen zum Opfer gefallen waren, wollte ich die gefährlichen Räuber beseitigen und verständigte meinen Förster, daß er sie bei Gelegenheit abschießen sollte. Auf dem Gutshofe hatte das Katzenpaar sich nämlich in letzter Zeit nicht mehr blicken lassen. Eines Tages meldete mir dann der Jagdhüter, daß er die Tiere im Felde angetroffen und eines von ihnen durch eine Schrotladung krank geschossen habe. Von dem Augenblick an waren die Katzen spurlos verschwunden. Erst im folgenden Winter fanden wir bei Neuschnee in einer Waldlichtung ihre deutlich ausgeprägte Fährte. Die Tiere waren nebeneinander gehend über die Blöße gewechselt, und aus den Spuren war deutlich zu erkennen, daß eines von ihnen den linken Hinterlauf etwas nachschleppen ließ – fraglos die Folgen des damaligen Schrotschusses. Wir gaben uns die größte Mühe, die für den Wildbestand recht unangenehmen Gäste aufzuspüren, mußten aber bald von der weiteren Verfolgung abstehen, da die Tiere sich in eine auch für unsere Hunde völlig unzugängliche dichtbewachsene Schlucht zurückgezogen hatten. Auch wiederholtes Pirschen in den nächsten Wochen brachte uns keinen Erfolg ein. Das Räuberpaar schien gemerkt zu haben, daß ihm nachgestellt wurde, und war anscheinend in ein fremdes Revier übergewechselt.

Wieder vergingen Monate. Dann erzählte mir gelegentlich ein Gutsnachbar, daß seine Fasanenbestände in letzter Zeit viel durch Wildkatzen, die sonst in unserer Gegend kaum noch vorkommen, zu leiden hätten. Sofort fielen mir die beiden Ausreißer ein. Um ihrem schädlichen Treiben ein Ende zu machen, verabredeten wir mit einigen anderen Bekannten von den

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Walther Kabel: Verwilderte Haustiere. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 5, S. 222–225. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Verwilderte_Haustiere.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)