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Der kastilische Ritter.


1.

„Bester Ritter von Kastilien!
Wann die fernen Berge tosen,
Mein’ ich, deinen Kampf zu hören:
Doch es ist des Donners Rollen.

5
Wann es hinter jenen Höhen

Roth und golden glüht am Morgen,
Mein’ ich, daß du wollst erscheinen:
Doch es kommt herauf die Sonne.“

2.

„Darum ward ein Weg betreten
Längst von Pilgern, Sängern, Wappnern,
Darum ward ein Schloß erbauet,
Herrlich, an des Weges Rande,

5
Darum schaute von den Zinnen

Bis auf mich wohl manche Dame:
Weil der schönste, kühnste Ritter
Sollte hier vorüberfahren.

Wehe nun! es ist erfüllt,

10
Was so lange ward erharret.

Weh! die Augen werden brechen,
Die so hohen Adel sahen.

Weh! die Mauern werden sinken,
Drin des Rosses Tritt verhallet.

15
Weh! der Pfad, den er verließ,

Wird vergehn in hohem Grase.“

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0228.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)