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Auf das Kind eines Dichters.


Sey uns willkommen, Dichterkind,
An deines Lebens goldner Pforte!
Wohl ziemen dir zum Angebind
Sich Lieder und prophet’sche Worte.

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In großer Zeit erblühest du,

In ernsten Tagen, wundervollen,
Wo über deiner kind’schen Ruh
Des heil’gen Krieges Donner rollen.

Du aber schlummre selig hin

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In angestammten Dichterträumen

Von Himmelsglanz und Waldesgrün,
Von Sternen, Blumen, Blüthenbäumen!

Derweil verrauschet der Orkan,
Es weicht der blut’gen Zeiten Trübe;

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Wohl blühst als Jungfrau du heran,

Du kündest so das Reich der Liebe.

Was einst als Ahnung, Sehnsucht nur
Durchdrungen deines Vaters Lieder,
Das sinkt von sel’ger Himmelsflur

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Als reiches Leben dir hernieder.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Uhland: Gedichte von Ludwig Uhland (1815). J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1815, Seite 078. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:UhlandGedichte1815_0078.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)